The Waiting for the Godot

The Waiting for the Godot

  • Genre Schauspiel
  • Bühne Schauspielbühne
  • Premiere4. Oktober 2003
  • Vorstellungsdauer2:25 hod.
  • Anzahl der Wiederaufführungen36
  • Derniére22. März 2007

Groteske

Das Schauspiel des irischen Dramatikers und Nobelpreisträgers für Literatur Samuel Beckett galt sofort nach seiner Entstehung als eines der zentralen Texte des 20. Jahrhunderts. Die Kritiker bezeichneten es als das „traurigste Schauspiel zum Totlachen“, oder, mit anderen Worten, als erste Tragikomödie im wahrsten Sinne des Wortes: „…nämlich die unerklärliche Situation, in der wir lachen und die uns zugleich mit Schrecken erfüllt.“ Becketts Text liegt eine provokative Kraft inne, die unser bequem gewordenes Denken aktivieren kann. Sie zwingt uns immer wieder, nach dem Sinn des eigenen Lebens zu fragen, und sich auf die eine oder andere Weise einer nicht eindeutig befriedigenden Antwort zu nähern. Das Schauspiel wurde im Jahre 1953 im Pariser Théatre de Babylonne uraufgeführt und gewann bald derart an Popularität, dass es binnen zwei Jahren fünfhundert Reprisen gab. An unserem Theater wurde Warten auf Godot von Zdeněk Černín mit dem gesundgewordenen Boleslav Polívka in einer der Hauptrollen einstudiert. Weiter wirken mit: Jiří Pecha a.G., Zdeněk Junák und Patrik Bořecký.

Autor

  • Samuel Beckett

Regieassistent

  • Mgr. Blanka Fišerová

Übersetzung

  • Karel Kraus

Dramaturg

Szenerie

Fachzusammenarbeit

  • Viktor Kudělka

Vladimír

Estragon

Dítě

So wartet man mit Polívka auf Godot

Zdeněk A. Tichý 19. November 2003 zdroj Unsere Familie

Ausverkauft. Diese vielsagende Mitteilung bekommt man ziemlich regelmäßig bei allen Vorstellungen des Stadttheaters Brno zu lesen. Dabei erfreut sich die Bühne, an deren Spitze der Regisseur Stanislav Moša steht, nicht nur der Gunst des einheimischen Publikums. Gastaufführungen in zahlreichen europäischen Ländern gehören in den letzten Jahren zu den „üblichen Dienstpflichten“ der Ensemblemitglieder.

Obwohl die Musicals im Angebot des Brünner Stadttheaters zu den erfolgreichsten Titeln zählen, wird das hiesige Publikum mit Sicherheit nicht unterschätzt. Davon zeugt unter anderen die einzigartige Edition von Programmen, die in der Regel neben dem Text auch fundierte Studien über den Autor oder zum Thema der Inszenierung, aus den Archiven mühsam hervorgeholte Zeitdokumente, und zahlreiche Fotografien beinhalten. Und vielsagend ist vor allem die Zusammensetzung des Repertoires, wo nicht einmal die anspruchsvollsten Bühnentitel fehlen dürfen. Dazu zählen zum Beispiel die Adaptation des Romans von Bulgakow „Der Meister und Margarita“ und neuerdings auch Becketts Warten auf Godot, die vom Regisseur Zdeněk Černín in Koproduktion mit dem Bolek Polívka Theater einstudiert wurde.

Das Hauptduo der Landstreicher Wladimir und Estragon, die an einem verlassenen Ort vergeblich auf die Ankunft des geheimnisvollen Herrn Godot warten, wurde von Zdeněk Černín mit zwei Schauspielern besetzt, die, genauso wie die Helden der Geschichte, durch jahrelange, enge Freundschaft verbunden sind. Es handelt sich um Boleslav Polívka und Jiří Pecha. Die beiden sind auch ein Grund dafür, dass Beckett in Brno sehenswert ist. Denn die Inszenierung bietet zwar eine insgesamt kultivierte, jedoch nicht besonders ausgeprägte Interpretation des Spiels, an der die Suche nach Parallelen zur Gegenwart erkennbar ist. Das bizarre Duo Pozzo und Lucky, der Herr und sein Diener, in der Darbietung durch Zdeněk Junák und Patrik Bořecký stellt somit das Bild der totalen, selbstzerstörerischen Abhängigkeit dar, die sich in einem Teufelskreis bewegt, aus dem es kein Entrinnen gibt. Das zentrale Paar der Landstreicher, deren Kleidung schon bessere Zeiten erlebt hat, bietet Kommentar zum Schicksal der Menschen, die am Rande der Gesellschaft leben. Der Text plätschert dahin und wirkt gerade dort erfrischend, wo Polívka und Pecha wie müde Clowns, die miteinander nur noch aus Beharrlichkeit spaßen, ihre Sketches aufführen.

Der Tanz mit dem künstlichen Baum aus Metall, das Servieren von Karotten mit Radieschen, die Szene, wo dem Lucky der Hut aufgesetzt wird, oder das Singen des Liedes „Es war einmal ein Hund.“ Das sind Etüden, in denen Polívkas Temperament zum Vorschein kommt. Gerade dieses Temperament drängt ihn, banale Situationen mit Mimik und Grotesken zu würzen. Erst in denjenigen Auftritten, wo Polívka und Pecha im Becketts Text nicht nach überflüssigen pseudokomplizierten Gedankengängen suchen, stellt sich wirklich heraus, weshalb die beiden eigentlich im „Warten auf Godot“ spielen. Es ist die menschliche Nähe ihres Wladimirs und Estragons, die Freundschaft der Männer untereinander, die hart und liebevoll zugleich sein kann, die Fähigkeit zur Ironie und Selbstironie, das gegenseitige Heruntermachen, Verletzten und die anschließende Versöhnung. All das kann mit einer solchen Intensität nicht gespielt, sondern muss gelebt werden.

Schauspielkunst-Gala zweier Brünner Clowns

Jaroslav Pokorný 9. November 2003 zdroj Scena.cz

Godot zum sechsten Mal auf einer tschechischen Bühne

Überfülltes Stadttheater Brno. Publikum im Zuschauerraum. Publikum auf der Bühne. Inmitten dieser eigens hergestellten, von der Werkstatt des Bühnenbildners Jan Dušek stammenden Arena ein paar kleinere Felsbrocken, ein dürrer Baum aus Eisen, ein Kiesweg und zwei sonderbare Landstreicher. Alle sitzen still und warten. Auf wen? Nun, auf Godot.

Bereits zum sechsten Mal haben sich die tschechischen Inszenatoren entschlossen, zu warten, ja, auf den geheimnisvollen Herrn, dessen Ankunft immer sehr ungewiss ist, und über den während der fünfzig Jahre, die im Januar dieses Jahres seit der historischen Pariser Premiere vergangen sind, ganze Stöße theoretischer Schriften geschrieben wurden. Der Autor selbst nannte sein berühmtestes Schauspiel das „teuflische Stück im Westernstil.“ Vielleicht tat er es auch deshalb, damit das Stück, nachdem es die gesamte Kulturwelt gesehen hat, als eines der genialsten dramatischen Werke Anerkennung findet.

Die Regie wurde mutig von Zdeněk Černín übernommen. Alleine die Tatsache, dass sich ein derart anspruchsvolles Stück bei der Zusammenstellung des dramaturgischen Plans heutzutage durchsetzt, ist einer nicht geringen Bewunderung und eines noch größeren Lobes wert. Außerdem näherte sich Černín mit einer großen Demut dem Text. Er verzichtete auf den tiefenpsychologischen Ballast. Dafür arbeitet er umso sorgfältiger mit den scharfen Gegensätzen zwischen Lachen und Erschrockensein. Im Ergebnis bietet sich dem Publikum ein nicht alltägliches, meditatives Theater voller Poesie. All dies wäre freilich ohne das zentrale Paar der Wartenden Wladimir und Estragon nicht denkbar. Diese bestimmen mit ihrem Warten auf den geheimnisvollen Herrn Godot, der nicht kommt und wahrscheinlich auch niemals kommen wird, den gesamten Geschehensablauf im Stück. Die beiden zum Abschaum der menschlichen Gesellschaft Gehörenden warten, sprechen miteinander, entwickeln Ideen, und warten wieder. Sie warten, nur um die Zeit totzuschlagen. Diese schickt ihnen sowohl ein weiteres, ebenso unbändiges Paar, einen Herrn und seinen Sklaven, den bizarren Pozzo und den Untermenschen Lucky, als auch ein Kind entgegen, das, wie Godot selbst, ein geheimnisvolles Symbol der Hoffnung ist. Gerade die Besetzung des zentralen Paars ist ein weiterer strategischer Meisterzug des Regisseurs Černín. Dieser hatte trotz des hochqualifizierten heimischen Schauspielpotentials keine Bedenken, zur Zusammenarbeit zwei Gastkünstler, Bolek Polívka und Jiří Pecha, einzuladen. Das machte sich mehr als bezahlt, weil es an den tschechischen Theatern kein eingespielteres Paar gibt, das diese Aufgabe gewachsener wäre.

Aus den Haupthelden werden mit einem Schlag nicht nur Schauspieler, Akrobaten, Clowns, sondern auch Obdachlose, Landstreicher und gescheiterte Existenzen. Furchtbar und komisch zugleich! Außerdem hat es den Anschein, als ob die beiden hin und wieder vergäßen, dass sie eigentlich Wladimir und Estragon spielen sollten. Sie öffnen sich selbst und bieten eigene Lebensgeschichten. Eine tolle Tragikomödie der Clownkunst ist geboren! Zwei sind´s und doch sind sie eins. Frei, mit einer völligen Leichtigkeit und Sicherheit wird von ihnen ein wahrheitsgetreues und zugleich buntes Bild des Menschen, vielleicht auch der Menschheit dargeboten. Sie beherrschen das Publikum total, rütteln an der Wahrheit, halten den Spiegel vor und schockieren mit der Erkenntnis. Kurz und gut, Schauspiel-Gala im tollen Rhythmus.

„Schweigen und Zuhören, nicht einer von hundert Leuten kann das, hat eine Ahnung, was das heißt. Dennoch ist es bei dem ganzen Lärm des täglichen Lebens nur so möglich, diese Stille, in die das All versunken ist, zu vernehmen,“ sagte Samuel Beckett. „Schweigen und zuhören konnte plötzlich der gesamte Zuschauerraum. Trotz des tobenden Gelächters wurde unterschieden und verstanden. Obwohl die heutige Welt anders ist als zu Beginn der Fünfzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, bleibt nur eins: Warten von Neuem auf Godot, der nach wie vor nicht da ist.“ So sehe ich es. Aufrichtigen Dank allen Wartenden Brünns!

AUF DER HÖHE

21. Oktober 2003 zdroj Mladý svět

Bolek Polívka und Jiří Pecha trafen sich wieder einmal auf der Bühne. Denn der Regisseur Zdeněk Černín hatte sie in die Rollen des Wladimirs und Estragons im Becketts Spiel „Warten auf Godot“ gesteckt. Dieses Werk, das einen der Grundtexte der modernen Bühnenliteratur darstellt, wird vom Stadttheater Brno in Koproduktion mit dem Bolek Polívka Theater aufgeführt. Die Inszenierung ist von der ständigen Unruhe der Fernseh-Manegen von Polívka meilenweit entfernt und gerade in jenen Partien am stärksten, wo Polívka und Pecha durch Beckett sich selbst, ihre Freundschaft und ihr Schicksal eines Clowns erleben.

Polívka und Pecha erfüllten Becketts Warten mit Leben.

Luboš Mareček 20. Oktober 2003 zdroj MF dnes

Eine in Brünn bislang ungewohnte Koproduktion wurde vom Stadttheater Brno und Bolek Polívka Theater vorbereitet. Beide Bühnen brachten Becketts berühmten Titel „Warten auf Godot“ unter ihr Dach. Einer der Ecksteine des absurden Theaters hat in Brünn dieselben Darsteller, jedoch unterschiedliche bühnenbildnerische Lösungen und jeweils anderes Publikum.

Die von Beckett vorgeschriebene Lebensbahn des sonderbaren Duos wird, was die Intensität und beinahe auch die Länge angeht, von den Darstellern der Hauptrollen, dem untrennbaren Kollegen- und Künstlerpaar Bolek Polívka und Jiří Pecha nachvollzogen. Nur ihnen ist es zu verdanken, dass die von der Regie glatt polierte und keineswegs neuartige Inszenierung Anklang findet. Polívka und Pecha stellen optimale (und in Brünn vielleicht einmalige) Interpreten von Didi und Gogo dar. Sie haben ein waches Ohr füreinander, ergänzen sich als Schauspieler und schaffen es mit vereinten Kräften, vor dem Zuschauerraum auf eine attraktive, jedoch keinesfalls billige Art die letzten Winkel eines für viele allzu geheimnisvollen und unverständlichen Textes aufzuspüren. Freilich haben beide durch ihre unverwechselbaren Grimassen die Zuschauer auf ihrer Seite. Auf Polívkas Privatbühne sind fäkale Anspielungen bzw. derbe Art stets wirksam. Wichtig und entscheidend ist jedoch die Tatsache, dass es beiden, wie durch einen Zauber, gelingt, aus dem Text von Beckett eine Mischung von greifbarer Beklemmung, Armut, Angst, Resigniertheit und leerer Hoffnung herauszuholen.

Černín lässt in seinem Muttertheater ein Geschehen in der Arena entrollen. Das Publikum schließt die Schauspieler ein. Zugleich sitzen die Zuschauer einander gegenüber und können sich somit beobachten. Diese Lösung ist effektvoll und unterstreicht den Ausklang des Abends. Das Lebensdrama zweier gestrandeter Existenzen stellt einen Rahmen und zugleich ein Spiegelbild der Welt der Zuschauer dar, die mit ihrem Schicksal und mit ihrem vergeblichen Warten genauso elend dran sind wie die Protagonisten. Die Fangemeinde von Polívka wird vielleicht irgendwie von der schauspielerischen Disziplin überrascht sein, die der Beskidenkönig statt der, in seinen Autorenwerken üblichen, verrückten Improvisationen walten lässt. In dem zweistündigen Abend verlieren auch die Leistungen des sekundierenden Duos Zdeněk Junák und Patrik Bořecký nicht. In Brünn entstand vor allem eine Schauspielinszenierung, die der ihr gestellten, schwierigen Aufgabe gewachsen ist. Beim Anblick eines populären Komikers kauft das unterschiedlich zusammengesetzte Publikum auch ein schwieriges Spiel ab. Es geschieht irgendwie von selbst, ohne ein beklommenes Gefühl des Wartens auf das Ende des Stücks.

Godot kam nicht, Pezza und Čorba ja.

Jiří P. Kříž 10. Oktober 2003 zdroj Právo

Über ein halbes Jahr ließ Becketts „Warten auf Godot“ nach der unglücklichen

Weihnachtsverletzung von Boleslav Polívka zu Beginn der Probezeit auf sich warten. Die Premieren fanden unter der Regie von Zdeněk Černín gleich an zwei Brünner Theatern statt: Im Stadttheater am ersten Oktoberwochenende und im Bolek Polívka Theater keine ganze Woche später. Beim Warten auf Godot trafen sich, wieder einmal sinnvoll, auf der Bühne die treuen Weggefährten aus der Zeit der strahlenden, trotzenden Gans(z) an der Leine der Siebziger und Achtziger. (Unter anderen Familie Tóth, Pezza versus Čorba, Commedia dell’Arte, Ballade für einen Banditen, Jagdabschluss, Therapie.) Und sie kamen zusammen, um zu bestätigen, dass das Clownzeitalter noch lange nicht vorbei ist. Zum Thema Becketts Godot wurde viel Papier beschrieben. Für diese Beiden auf der Bühne wurde aber Černíns Auffassung von Becketts absurden Überlegungen über das menschliche Los, Glück, und über die Unberechenbarkeit des Schicksals, über das scheinbar nie enden wollende Warten auf Erlösung und auf den Tod zu einer Gelegenheit für eine hervorragende schauspielerische Darbietung.

Ich spüre, (auch an der Prager Godot-Version von Juraj Herz mit David und Leoš Suchařípa im Schauspielklub vor zwei Jahren), deutlich, dass Becketts Thema heutzutage überwunden zu sein scheint. Die Welt von Heute ist anders als zu Beginn der Fünfzigerjahre des vergangenen Jahrhunderts, wo die unmittelbare Gefahr eines weiteren Weltkrieges drohte. Damals trat das Verlangen der Menschheit nach Hoffnung besonders stark hervor. Man wollte leben, sich selbst und die anderen ändern. Nur eines ist gleich geblieben: Man wartet nach wie vor vergeblich auf Godot.

Das Brünner Warten ist darin stärker als das Prager, weil sich dort auf der Bühne mit Hilfe der Mitspieler Zdeněk Junák und Patrik Bořecký die alten Barden „Pezza“ und „Čorba“ selbst erleben dürfen. Während sie scheinbar vergessen, dass sie Estragon und Wladimir spielen, und sich selbst geben, spüren die Zuschauer den Hauch ihrer gemeinsamen, ausgezeichneten Clownkunst voller Humor und Schabernack.

Für Godot fand Černín die optimale Lösung in Polívka und Pecha

Simona Polcarová 8. Oktober 2003 zdroj Rovnost

Auf ein dünnes Eis der nichttraditionellen Dramatik und des Experimentiertheaters begab sich, in dieser Saison bereits zum zweiten Mal, das durch die Aufführung von Volksstücken und Musicals berühmte Stadttheater Brno (MdB.) Nach der Premiere des von Arien durchwobenen „Steinernen Gastmahls“ setzte es an diesem Wochenende als zweite Saisonneuheit das absurde nihilistische Drama „Warten auf Godot“ von Samuel Beckett in Szene. Die vom Regisseur Zdeněk Černín einstudierte Inszenierung entstand in der Zusammenarbeit mit dem Bolek Polívka Theater. Im Repertoire des MdB tauchte sie, wegen einer Verletzung von Bolek Polívka im vergangenen Jahr, nach einer leichten Verspätung auf.

„Warten auf Godot“ gehört zwar zu den aussagekräftigsten und tragenden Werken der modernen Weltdramatik, gelangt jedoch auf tschechischen Bühnen relativ selten zur Aufführung. Früher haftete dem Stück ein Stempel des Verbotenen und Revoltierenden an, heutzutage wird kaum jemand von der Handlungsarmut und von dem irgendwie monotonen Text schockiert und überrascht sein. Obwohl der Titel nach wie vor als etwas Besonderes gilt, ist es unschwer, sich an der Inszenierung die Zähne auszubeißen. Der Schlüssel zum Stoff liegt, im Sinne des richtigen Verständnisses von Regisseur Černín, heutzutage vor allem in der guten Besetzung der Hauptrollen Wladimir und Estragon, die glaubwürdig und dem Publikum sympathisch sein müssen, weil sonst ihre Wahrheiten kaum Glauben finden. Černín traf in dieser Hinsicht eindeutig die richtige Wahl, als er sich für die als Gäste auftretenden Schauspieler Bolek Polívka und Jiří Pecha entschied. Diese bilden auf der Bühne ein gewisses Duo trauriger Clowns und Landstreicher, die einander so nahe stehen, dass es einem beinahe warm ums Herz wird, und die auf ihre Erlösung hoffen, welche der Name des angekündigten Herrn Godot bringen soll. Wladimir und Estragon, die sich vertraulich als Didi und Gogo anreden, und die versuchen, einander von ihren Wehwehchen und Ängsten zu befreien und zum Lachen zu bringen, stehen einer sonderbaren Welt gegenüber, die durch den effekthaschenden Pozzo und seinen Sklaven Lucky dargestellt wird. Die Zeit fließt an ihnen vorbei, ohne dass sie einen deutlichen Unterschied zwischen Gestern, Heute und Morgen merken würden. Hinter ihrem Warten steckt verzaubert die Wahrheit über das Leben, die jedoch nur allmählich an die Oberfläche gelangt und eher zwischen den Zeilen lesbar ist. Als dann Wladimir zum Schluss erwacht, stellt sich tatsächlich das innere Gefühl der Beklommenheit über die Erkenntnis ein. Černín gibt dem Zuschauer jedoch auch eine leise Hoffnung, weil er seine Helden am Schluss zu den Sternen emporblicken lässt.

Die Vorstellung fasziniert vor allem durch das perfekte Zusammenwirken und Aufeinanderzuhören von Polívka und Pecha. Unter der Aufsicht von Černín leisten sie sich zwar hin und wieder, in stiller Bescheidenheit, einen Witz, bleiben aber in völliger Harmonie mit dem Stück. Der von Zdeněk Junák dargestellte Pozzo ist im Vergleich zu ihnen wie von einer anderen Welt, was sicherlich der Sache nicht abträglich ist, weil er wirklich aus einer anderen Welt kommt. Bemerkenswert bleibt auch die beinahe stumme Schöpfung von Patrik Bořecký in der Rolle des misshandelten, aber die eigene Würde nie verlierenden Luckys.

Danke, dass Godot „kam“

Jaroslav Parma 1. Dezember -1

Als moderne Klassik wird die Tragikomödie von Samuel Beckett „Warten auf Godot“ bezeichnet, die im Pariser Théatre de Babylon genau vor einem halben Jahrhundert uraufgeführt wurde. Sie wurde nicht nur zu einem Kultspiel führender Theater, sondern auch zu einem perfekten Prüfstein der schauspielerischen Fähigkeiten vor allem der zwei Hauptdarsteller. Nach der Brünner Aufführung (mit Premieren am 4. und 5. Oktober) ist es eine Riesenbereicherung, dass in der Stadt zwei derart hervorragende Darstellerpersönlichkeiten wie Boleslav Polívka und Jiří Pecha auftreten. Perfekte Kollegen auf der Bühne, Freunde und Selbstkenner im Privatleben. Somit ist es nicht verwunderlich, dass sie der Regisseur des Stadttheaters Brno Zdeněk Černín um Zusammenarbeit ersucht hat, und es ist erfreulich, dass sie zugesagt haben. Außerdem wird das Schauspiel in Kooperation mit dem Bolek Polívka Theater aufgeführt, und zwar mit einer Besonderheit. Während im „Städtischen“ inmitten der Zuschauer gespielt wird, gibt es bei „Bolek“ die klassische Theatersitzordnung. Zdeněk Černín hielt sich diesmal ängstlich an den Text und an die Regieanweisungen des Autors. Er versuchte nicht zu experimentieren, wie es andere Bühnen tun. Nur am Text nahm er stellenweise Kürzungen vor, was jedoch dem Verlauf der Inszenierung nicht abträglich ist, sondern der Sache sogar gut tut.

Für die Schauspieler ist das Werk mehr als anspruchsvoll. Nicht deshalb, weil es vor einem Übermaß an Text strotzen würde, sondern gerade deswegen, weil sich die Dialoge auf einfache Mitteilungen, auf Feststellungen aus zwei bis drei Worten beschränken. Nicht alle, die sich so geben, sind wirklich bravourös. Boleslav Polívka als Wladimir und Jiří Pecha als Estragon bringen aber in das nie enden wollende Warten auf Godot auch einen persönlichen und erfrischenden Humor, Zdeněk Junák (Pozzo) und Patrik Bořecký (Lucky) wieder Abwechslung.

Standing Ovations nach Ende der Vorstellung, wodurch die Zuschauer ständig zurückgeholt wurden, waren ein klarer Beweis dafür, dass die Wahl des Titels der zweiten Inszenierung der 59. Saison mehr als richtig war. Obwohl Wladimir und Estragon nach wie vor auf Godot warten, ist es der Bühnendramaturgie (Jiří Záviš) und Zdeněk Černín zu verdanken, dass wir, die Zuschauer, auf Godot nicht mehr warten müssen.

Du musst mir ab und zu zuspielen oder Didi Polívka und Gogo Pecha

Michal Čunderle 1. Dezember -1 zdroj SAD

Ich erwähne diese allgemein bekannten Zusammenhänge, weil sie nicht restlos weggedacht werden können, wenn sie Boleslav Polívka in der Rolle des ein weinig trüben Clowns Vladimír in Warten auf Godot von Beckett folgen. Aber eigentlich warum? Durchleuchtung und Durchdunkelung von Vladimír durch Polívka und von Polívka durch Vladimír ist eine der interessantesten Qualitäten der Brünner Inszenierung. Oder mit anderen Worten: In dieser Inszenierung führt das große Wort die individuelle oder Autorschauspielkunst. Jedoch ist es nötig zu sagen, dass Warten auf Godot in der Regie von Zdeněk Černín, die gemeinsame Produktion des Stadttheaters Brno und Theaters von Bolek Polívka, keine one man show ist. Schon deswegen nicht, dass hier wie wesentliche Themen immer Einsamkeit und Mitexistenz auftauchen und verschwinden. Und dazu müssen mindestens zwei sein. In Brno stellt diesen zweiten Gleichwertigen Jiří Pecha dar. Vladimír (Didi) und Estragon (Gogo) sind in einen wüsten Raum mit einem Baum und einem Steinblock, auf einen Steinschüttweg ausgesteckt, der auf den beiden Seiten von dem steilen Abhang des Zuschauerraums eingeschlossen ist, in die Leere, in der nichts geschieht und in der nur sie zwei sind, ein Tag nach dem anderen, eine Nacht nach der anderen. Sie können nicht weggehen, weil sie warten müssen und weil es höchstwahrscheinlich nicht wohin zu gehen ist. Wie es offensichtlich ist, sind Boleslav Polívka und Jiří Pecha für die Rollen von Vladimír und Estragon gut disponiert – nicht nur dank ihrer Schauspielerkunst sondern auch dank ihrem persönlichen Potential und gemeinsamer Partnerschaft, dank dem, was aus ihnen ausstrahlt, ohne dass sie sprechen müssen. Beredt ist schon nur ihre kontrastierende Erscheinung. Ein, Vladimír, ist größer und biegsamer, er richtet sich souverän auf und aus seiner ausreichenden Größe beobachtet er das Geschehen in der Umgebung. Eigentlich das Nichtgeschehen. Jeder kleiner Impuls regt ihn zum Interesse, Aktivität und Investitionen an. Auf Schnippchen ist er imstande, ein Spiel voll zu spielen zu beginnen und Möglichkeiten anzubieten. Er reagiert ohne Vorurteile, manchmal dankbar, er lehnt keinen Vorschlag ab, die Passivität ist ihm fremd, sogar unerträglich.

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