Les Misérables

Les Misérables

  • Genre Musical
  • Bühne Musikbűhne
  • Premiere13. Februar 2009
  • Vorstellungsdauer3:05 hod.
  • Anzahl der Wiederaufführungen139
  • Derniére31. Mai 2014

historisches Musical

Dieses Musical wurde bis heute in mehr als fünfzig Weltmetropolen aufgeführt: seit der Pariser Premiere in Palais des Sports im Jahre 1980 (in der Regie von Robert Hossein), über die, für das Werk entscheidenden Premieren in London in Barbican Arts Centre im Jahre 1985 (in der Regie von Trevor Nunno und John Cairde) und auf Broadway im Jahre 1987, wo es für zwölf Tony Preise für das beste Musical, Musik, Libretto, usw., nominiert wurde, auch in Tokio, Budapest, Reykjavik, Oslo, Melbourne, Vancouver, Wien, Madrid, Stockholm, Prag (1992), Singapur, Tallinn oder Belegrad. Für seine Berühmtheit und Beliebtheit bei den Zuschauern hat es im besten Sinne des Wortes dem bekannten britischen Produzenten Cameron Mackintosch zu danken, der seine reiche Musikalität, Emotionalität und literarische Qualität entdeckte und es in Englischen zu übersetzen und wieder zu instrumentieren ließ. Die Geschichte des  entflohenen Galeerensträflingen Jean Valjean, die aus dem gleichnamigen Roman von Victor Hugo (1962) ausgeht, fand eine durchaus adäquate Bearbeitung in der Bühnenversion, in der sich die Geschichten des Hauptprotagonisten, seines unermüdlichen Verfolgers, Polizeikommissar Javert, der kleinen elternlosen Cosette, die ihr Haus und dann auch die Liebe des Studenten Marius findet, des verwerflich komischen Paars der Besitzer der Kneipe Thenardiers, die in allen Regierungssystemen zu überleben wissen, einander meisterhaft durchdringen. Das alles auf dem Hintergrund der stürmischen Zeit, wann im Juli 1830 in Paris die Barrikaden der Revolution wachsen, an der viele Gestalten auch teilnehmen. Die Massenszenen wechseln mit jenen intimen, Liebe mit Hass und Kampf mit Hoffnung in eine bessere Welt.

Autor

  • Alain Boublil
  • Claude-Michel Schönberg

Regieassistent

Übersetzung

  • Zdeněk Borovec

Dramaturg

  • Pavlína Hoggard

Musik

  • Claude-Michel Schönberg

Musikeinstudierung

Choreographie

Musikalische Supervision

  • Petr Gazdík

originelle französische Texte

  • Alain Boublil a Jean-Marc Natel

Vorbereitung der Musikmaterialen

  • Igor Vavrda

Vokaleinstudierung

  • Karel Škarka

Songtexte

  • Herbert Kretzmer

Jean Valjean

Madame Thénardier

Eponine

Malá Cosette, Malá Eponine

Grantaire

Combeferre

Courfeyrac

Jean Prouvaire

Joly

Lesgles

Babet

Clasquesous

Montparnasse

Babice

Dělnice

Děvka

Pijačka

Tulačka

Prostitutka

Žebračka

Swing

Das Stadttheater Brno verabschiedete sich emotiv mit „Den Elenden“

Iva Bryndová 7. Juni 2014 zdroj www.musical.cz

Nach den Dernièren von Den Blutsbrüdern und Mary Poppis verabschiedete sich das Stadttheater Brno dieses Jahr  auch mit einem anderen erfolgreichen Weltmusical, das auf dieser Bühne mehrere Jahre lang aufgeführt wurde. Nach hundert sechsunddreißig Wiederaufführungen und fünf Jahren im Spielplan fand hier am Samstag, den 31.5.2014 die Dernière des Weltmusicals von Claude-Michel Schönberg und Alain Boubile Les Misérables (Die Elenden) statt.

Es ist nicht nötig zu sagen, dass Die Elenden zu den eindeutig besten Weltmusicals aller Zeiten gehören. Die Dernière in Brno bestätigte es nur, so wie sie auch die Tatsache bestätigte, dass auch das Ensemble des Stadttheaters Brno zu den besten gehört.

Die Inszenierung in Brno wurde auf unseren Seiten schon bewertet, gleich nach der Premiere, die am 13.2.2009 stattfand. Es ist also nicht nötig, es wieder zu machen, es reicht nur zu sagen, dass Die Elenden während fünf Jahren im Spielplan besser als Wein ausreiften und die Musikbühne des Stadttheaters in der besten Form verließen.

Wie war der Abschied? Eindeutig famos. Und gleich zweimal. Bei der Nachmittagsvorstellung verabschiedete sich mit seiner Rolle von Jean Valjean Jan Ježek, und zwar nach zweiundzwanzig Jahren, am Abend fand dann die Festdernière statt. Die einzelnen Alternationen und Dernière-Leistungen zu bewerten und vergleichen wäre ganz unnötig. Am Samstag lieferten alle ausgezeichnete Leistungen, mit zweihundertprozentigem Einsatz, und zwar in beiden Wiederaufführungen, und die Zuschauer schätzten es in beiden Fällen zurecht und begeistert.

Am Nachmittag stellten sich Petr Štěpán als Javert, Lenka Bartolšicová als Madame Thénardier, Jakub Uličník als Marius, Kateřina Halíčková als Eponine, Karolína Burešová als die kleine Cosette und natürlich auch der schon erwähnte Jan Ježek in der Rolle von Jean Valjean zum letzten Mal vor. Zusammen mit ihnen spielten bei der Nachmittagsvorstellung auch Tomáš Sagher als Thénardier, Markéta Sedláčková als Fantine, Radka Coufalová als Cosette, Barbora Remišováin der Rolle von Gavroche und Jiří Mach in der Rolle von Enjolrase, die wir noch einmal am Abend sehen konnten. Ihre Kollegen aus der Nachmittagsvorstellung ersetzten dann Petr Gazdík in der Rolle von Jean Valjean, Lukáš Vlček in der Gestalt von Inspektor Javerta, Jana Musilová in der Rolle von Madame Thénardier, Dušan Vitázek als Student Marius, Hana Holišová als Eponine und Kateřina Kolčavová als die kleine Cosette. Wie es schon gesagt wurde, alle, einschließlich der ganzen Company, lieferten ausgezeichnete Leistungen und machten so die zwei letzten Vorstellungen Der Elenden zu einem unvergesslichen und nur schwierig übertreffbaren Theaterereignis. Ganz sicher trug dazu auch die Tatsache bei, dass sie zum letzten Mal aufgeführt wurden, doch die Atmosphäre der beiden Vorstellungen war eindeutig hinreißend. Den Schauspielern gelang es perfekt, sie aus der Bühne in den Zuschauerraum zu übertragen und die Zuschauer in die Handlung einzuziehen.

Nach dem Danksagen der Nachmittagsvorstellung verabschiedete sich mit der Rolle von Jean Valjean und mit dem Musical Die Elenden in seiner kurzen, doch emotiven Rede Jan Ježek persönlich, was sich gerade diese Rolle nach insgesamt zweiundzwanzig Jahren und vier hundert fünfzig Wiederaufführung sicher verdiente. Jan Ježek stellte den bekannten Sträflingen zum ersten Mal schon am 25.6.1992 bei der Premiere der ersten Bearbeitung dieses Musicals in Tschechien dar, im Theater Divadlo na Vinohradech. Dieselbe Rolle hatte er auch in den Jahren 2003-2007 in GoJa Music Hall in Prag und zum dritten Mal gerade im Stadttheater Brno.

Nach der Abendvorstellung folgte dann noch die Rede des Direktors des Stadttheaters Brno und Regisseurs Der Elenden Stanislav Moša. Dieser sagte, dass das Musical nicht wegen Interesselosigkeit der Zuschauer endet, doch wegen Ablauf der Lizenz. Er erwähnte den ursprünglichen Impuls, der ihn zu Aufführung des Musicals in Brno führte (schon früher wurde er durch die  Inszenierung in London begeistert), und zum Schluss drückte er seine Absicht und Wunsch aus, die auch sicher der Wunsch von allen Fans ist, dass man wieder gelangen wird, die Rechte für Aufführung zu gewinnen, und dass Die Elenden auf die Musikbühne wieder zurückkehren werden, auch wenn nicht sofort.

Hinsichtlich dazu, mit welcher Energie sich Die Elenden verabschiedeten, müssen wir nur hoffen, dass falls sie einmal zurückkehren werden, werden sie ebenso perfekt. Sie selbst stellten sich zu hohe Ansprüche.

LES MISÉRABLES (DIE ELENDEN)

26. April 2011 zdroj Brněnský deník

LES MISÉRABLES (DIE ELENDEN)
Das Stadttheater Brno gab die komplette Studioaufnahme des legendären Musicals von Claud-Michel Schönberg und Alain Boublil Les Misérables (Die Elenden) heraus, die es seit dem Februar 2009 auf seiner Musikbühne aufführt. Das Doppelalbum bietet insgesamt vierundvierzig Lieder, unter denen nicht einmal die bekannten Hits aus dem Musical fehlen, z.B. Lied der Einsamen, Kluger Kopf, Träumbuch, Gebet oder Dort in den Sternen. Die Hauptgestalt des geflohenen Galeerensträflings Jean Valjean wird von Petr Gazdík gesungen, der für diese Rolle den Thalia-Preis im Jahre 2009 bekam.

Das Theater taufte das Doppelalbum Die Elenden

MF Dnes 9. März 2011

Das Theater taufte das Doppelalbum Die Elenden
Die berühmte Musikgeschichte des Galeerensträflings Jean Valjean, wie sie vom Musical Die Elenden weltberühmt wurde, wurde vom Stadttheater Brno gestern auch als ein Album vorgestellt. Das Doppelalbum mit der eigenen Aufnahme eines der berühmtesten Weltmusicals Les Misérables wurde gestern bei Abendsvorstellung getauft.
 „Die Hauptpaten des Musikträgers waren die Schauspielerinnen Hana Holišová und Markéta Sedláčková zusammen mit dem Dirigenten Dan Kalousek,“ teilte die Sprecherin der Szene Lucie Broučková mit. Die ganze Aufnahme enthält vierundvierzig, in zwei CDs geteilte Lieder. Die Hauptgestalt von Jean Valjean wurde von Petr Gazdík gesungen, der für diese Rolle den Prestige-Thalia-Preis voriges Jahr bekam.
Die Premiere des Musicals, das schon in mehr als fünfzig Weltmetropolen aufgeführt wurde, fand im Stadttheater Brno am 13. Februar 2009 statt. Unter der Regieleitung von Stanislav Moša sahen es bisher in zweiundachtzig Wiederaufführungen 53 178 Zuschauer. Die Inszenierung fand günstige Reaktion der Kritik sowie der Zuschauer.
Die Musicalbearbeitung der Geschichte über den entflohenen Galeerensträfling Jean Valjean, die vom berühmten Roman von Victor Hugo ausgeht, wurde im Jahre 1980 in Paris zum ersten Mal aufgeführt. Berühmt wurde sie vor allem nach der Premiere in London (1980) und auf Broadway (1987), und zwar hauptsächlich dank dem britischen Produzenten Cameron Mackintosh.
9.März 2011  

Die Elenden, Evita und die anderen

Vít Závodský 1. September 2009 zdroj Týdeník Rozhlas

Im Angebot des Stadttheaters Brno mit drei Ensembles sind einige, sich gegenseitig ergänzende Linien zu finden. Jene vielleicht auffälligste und vom Publikum wahrscheinlich meist ausgesuchte stellt das systematisch gepflegte Musikgenre dar, das sich hier nach der Eröffnung der modernen Musikbühne vor fünf Jahren markant entwickelte. Es wiegt die einzigartigen weltberühmten Inszenierungen der fremden Autoren (zum Beispiel Oliver, Die Hexen aus Eastwick oder Fame) mit den zweifellos wichtigen originellen Werken (Eine Welt voller Engel, Koločava, Nana, Rot und Schwarz, Die Ballade über die Liebe, usw.) systematisch aus. Zu den landesweit geschätzten Erfolgen des dramatischen Spielplans (diesen lassen wir heute weg), gehören zum Beispiel die Einstudierungen der Stücke In der Löwengrube, Paul I. oder Die drei Musketiere.  
 

Auf die Bühne eines "Steintheaters" die renommierten Auslandsmusicals zu bringen, welche durch die Anforderungen der Agenturen und Produzenten limitiert sind, ist keinesfalls einfach. Der Direktor des Stadttheaters Brno Stanislav Moša, der auch der Regisseur ist und gleichzeitig die Inszenierungen schriebt, ist doch auch ein sehr tüchtiger Manager mit der Reichweite auf dem ganzen Kontinent - ein Teil des Ensembles nimmt periodisch auf den europäischen Tourneen statt oder er führt eine Inszenierung zuerst außerhalb der Republik auf. Im Unterschied zu vielen Prager, ad hoc zusammengestellten Projekten setzt er langfristig auf die Entdeckung von jungen Talenten (einige Gestalten werden sogar viermal alterniert), die von der Theaterfakultät der Janacek Akademie der musischen Künste zu synthetischem szenischem Ausdruck konzeptionell erzogen werden. In der zweiten Hälfte der vorigen Saison fanden hier im kurzen Zeitabstand zwei gelungenen Ausstattungspremieren von zwei bewährten Musicals statt, von denen jene eine ausführlichere Rezension verdienen würde. 
 

Mit der Einstudierung des Werks Les Misérables - Die Elenden der Autoren Alain Boublil und Claude-Michel Schönberg in ausgezeichneter Übersetzung von Zdenek Borovec erfüllte sich Moša seinen langjährigen Künstlertraum. Auf der monumentalen, etwa realistischen Szene des Deutschen Christoph Weyers und in den Zeitkostümen der Bildnerin Andrea  Kučerová entstand eine effektvolle drei Stunden lang dauernde Freske nach dem umfangreichen Roman von Victor Hugo, und zwar mit der Beihilfe des vielköpfigen Orchesters. In dieser Freske sind die privaten Schicksale des edelmütigen Sträflings Jean Valjean (Petr Gazdík, mit dem gastierenden Jan Ježek alterniert), Polizisten Javert  (Igor Ondříček, Petr Štěpán oder Lukáš Vlček), Cosette (Radka Coufalová), Studenten Marius (Dušan Vitázek) und der anderen Gestalten geschickt verbunden. Am hoch professionellen Interpretierungsniveau und mit dynamischer Gradation dosiert er überlegt die sozialkritischen, sentimentalen sowie revolutionär pathetischen Momente. In den Kitsch rutschte zum Glück nicht einmal Evita - das ein bisschen ältere Musical des berühmten  Tandems Tim Rice - Andrew Lloyd Webber in der Umdichtung von Michael Prostějovský, auch wenn sie mit ihrem mehr abgezogenen Thema, epischer Struktur sowie mehr mäßiger Aufführung etwa im schatten der humanistischen Botschaft Der Elenden bleib. In seiner fünften Zusammenarbeit mit dem Stadttheater Brno konnte der Regisseur und Bildner Pavel Fieber seine Erfahrungen mit der Vorlage aus Deutschland verwerten. Die ziemlich kalt ablaufende Geschichte des Aufstiegs der ehrgeizigen Eva Perón (Radka Coufalová, Hana Holišová) in die Position des von Massen vergötterten ersten Dame Argentiniens fand er den Glossator in der fiktiven Figur, Che genannt (Ján Jackuliak, Stanislav Slovák, Dušan Vitázek), welche zur Enthüllung der Hinterbühne und der politischen Manipulationen des südamerikanischen Diktatorregimes beiträgt.

Staub der Starmusicals

Luboš Mareček 10. April 2009 zdroj MF DNES

            Die Elenden (1985) und Evita (1978). Zwei Theaterhits, die in den letzten drei Dekaden die Form eines äußerst erfolgreichen Musicals verkörperten, waren im kurzen Abstand nacheinander vom Stadttheater Brno einstudiert. Auf allen Kontinenten haben diese beiden Stücke Millionen Fans. Nascht das Brünner Publikum vielleicht zu viel? Wird es vielleicht überernährt sein? Und ganz logisch abgestumpft?
            Zum Glück ist die Dramaturgie des Stadttheaters Brno in seiner Musicaldramaturgie in zwei Richtungen spreizbeinig. Die Delikatessen wie der Hit aller Hite Jesus Christ Superstar oder die in der tschechischen Premiere aufgeführten Hexen von Easwick schießen in die Zuschauer mit derselben Verve wie die Autorenstücke.
            Auf der Brünner Musikbühne, die seit ihrer Eröffnung im Jahre 2004 mit den Attributen die modernste und berechtigt auch die progressivste bezeichnet wird, ist die Ambition, das Autorentheater zu machen, überall zu finden.
            Von zehn neuen Inszenierungen, die im Brünner Theater in der Straße Lidická aufgeführt werden, sind immer ganz demokratisch fünf dramatische Stücke und genauso viel Musikstücke. Ein flüchtiger Blick in die nächste Saison zeichnet beredsam an, wie ist es hier mit der Richtung der Musicaldramaturgie gemeint. Im Angebot ist bis zum Sommer noch ein anderes ursprüngliches Musikwerk zu finden, das speziell für Brno vorbereitet war. Der bekannte Komponist und Musikant Daniel Fikejz, durch die nordische Mythologie inspiriert, wird das Opus mit dem geheimnisvollen Namen Singoalla liefern. In dieselbe Kategorie der ursprünglichen inländischen Werke kann man auch das abgestaubte Musical aus der hiesigen, am meisten vertretenen Werkstatt Moša-Merta einreihen, die mit der korrigierten politischen Satire Ptákoviny (Vogelspiel nach Aristophanes) an sich erinnert. Den Abonnenten der Musikbühne wird nicht einmal das Bild der Musicalereignisse im Ausland entgehen. Der Spielplan verspricht das zehn Jahre alte Rockmusical Mozart!, das zum ersten Mal in Wien aufgeführt wurde und dessen Thematik nach Brno ausgezeichnet passt.
            Die Musikbiographie des genialen Komponisten wird von dem  vielleicht bemerkenswertesten Titel des neuen Angebots ergänzt sein. Für den November ist Frühlings Erwachen geplant. Dieses einst skandalöse Stück des deutschen Dramatikers Frank Wedekind über Heranreifen, Sex und starre Moral wurde hinter dem Ozean in ein Libretto und in die Tonzeichen umgeschmolzen. Die offizielle Off Broadway Premiere von Spring Awakening fand im Juli 2006 in New Yourk statt, aber schon im Dezember desselben Jahres gelang sie auf Broadway. Lieben sie die Prestigestatistiken? Frühlings Erwachen gewann acht Nominierungen an den Prestigepreis TONY, von denen acht wirklich bekam, zum Beispiel in der Kategorie für das beste Musical, für die Regie, Musik oder für den Hauptdarsteller. Auf den Musicalherbst in Brno können wir uns also wirklich freuen. Die fünf neuen Titel in der imaginären dramaturgischen Spalte "unsterblicher und unabspielbarer Schlager" werden von dem Ausstattungsmusical Hello, Dolly! vervollständigt! Die Rückkehr der Legende wird auch mit dem Nachgeburtcomeback von Alena Antalová verbunden sein, den Liebhaber der Goldklassik und der Bühnenkunst dieser anmutigen dreimaligen Mutter steht also auch was zur Verfügung.
            Aber zurück zu dem Brünner Defilee der populären Elenden. Der erste Titel nach dem legendären Roman von Victor Hugo hatte seine Premiere Mitte Februar und nur sechs Wochen später folgte die Musikgeschichte über die Ehefrau des argentinischen Diktators Eva Perón. Der Regisseur dieses Titels Stanislav Moša weiß mit den großen Leinwänden und Emotionen umzugehen. Nicht nur bei den Auslandsengagements erwies er seinen Sinn für die Organisierung der Handlung auf einer großen Bühne. Siebzehn Jahre nach der tschechischen Premiere, nach zwei Aufführungen in Prag und nach der Erteilung der freien Rechte für jetzige inländische Inszenierung setzte man in Brno auf die Monumentalität. Die Regie hebt die Hauptmotive des Werks mehr oder weniger hervor, wie zum Beispiel unterschiedliche Formen der Liebe: von dem persönlichen Liebesgefühl bis zum inneren Nachglimmen durch bürgerliche Revolutionsideale.
            Es liegt bloß, dass sich diese polternde Geschichte aus Barrikaden sehr unaufmerksam in eine unerträgliche Verpackung der versüßten Romantik ändern kann. Das am längsten aufgeführte Musical in der Geschichte des Musiktheaters hat doch in seiner Brünner Form Gefühl für das Maß des Pathos sowie des Sentiments. An Moša hilft dabei paradox vor allem die naturalistische Ausstattung. Der deutsche Bühnenbildner Christoph Weyers weiß, dass der Zuschauerzauber einer ähnlichen historischen Freske in der beinahe realistischen Darstellung der Zeitkulissen steckt. Auf der Bühne wachst so ein "wirklicher" Steinbruch oder in effektvoller Abkürzung auch die "wirklichen" Barrikaden aus dem stürmischen Juli 1830 auf.
            Selbst diese überzeugende Illusion der Zeit würde nicht reichen. Aus diesen Kulissen und mit Hilfe der professionellen Beleuchtung weiß Moša beinahe poetische dramatische Bilder zu schaffen. Er weiß die Solisten sowie das vielköpfige Chor effektvoll auszunutzen oder umzugruppieren. Dazu können sie als ein unvergessliches Erlebnis auch die ausgezeichnete Musikeinstudierung von Jiří Petrdílk und den vollen Klang des großen dreiunddreißigköpfigen Orchester zugeben. Zum Vergleich: das Musikkolorit von Evita wird durch achtzehn Musiker gesichert.
            Schon wiederholt wurde hier die sängerische, schauspielerische sowie bewegliche Reife und Bravour des hiesigen Ensembles erwähnt und es ist auch für die Inszenierung Evita gültig. In den Elenden sind einige weibliche Rollen sogar viermal alterniert. Es sind dazu keine Raummöglichkeiten und es steht nicht einmal in Kräften des Rezensenten diese Armee einzeln zu bewerten. Beschränken wir uns also, paradox, auf ein Darlehen aus Prag. Bei der Premiere glänzte der aus den vorigen Inszenierungen der Elenden ausgeliehene Jan Ježek in der Hauptgestalt des Galeerensträflings Jean Valjean, auf seiner Stimme die Opernerfahrungen erkenntlich sind. Die Elenden in Brno sind eine dreistündige opulente Schau. Die ausgezeichnet geschriebenen Figuren und Geschichte und die interessante Musik stellen keine automatische Garantie eines positiven Ergebnisses dar. In Brno erschien es doch. Moša, im Angesicht eines der besten Weltmusicals, bewährte sich; er konturierte die Emotionen, Figuren sowie die Handlung und gleitet zu keinem Kitsch ab.
           

Les Misérables (Die Elenden) im Stadttheater Brno

David Kroča 1. April 2009 zdroj Tschechischer Rundfunk Vltava

Vormeldung: Das Stadttheater Brno führte auf seiner Musikbühne eine wirkliche Delikatesse auf - das meist gespielte Musical aller Zeiten Les Misérables. Obwohl die Premieren erst Mitte Februar stattfanden, sind die Eintrittskarten bis zum Ende März schon jetzt ausverkauft. Dieses anspruchvolle Stück wurde von einem vielköpfigen Inszenierungsteam, mit dem Prinzipal Stanislav Moša an der Stirn, realisiert. Die Brünner Premiere Der Elenden besuchte und die folgende Rezension vorbereitete David Kroča.
 
Es war nur eine Frage der Zeit, wann das ambitiöse Ensemble des Stadttheaters Brno Die Elenden in Szene setzen wird. Hinsichtlich dazu, dass die britische Produktion die Rechte für ein Staat grundsätzlich nur einem Theater verleiht, wurde das Erwarten in Brno auch von der zweiten Prager Inszenierung dieses Musicals im Jahre 2003 verlängert. Ich glaube, dieses Erwarten lohnte sich aus, denn das Team von Stanislav Moša rief für Die Elenden ganz natürlich aus. Im Unterschied zu den Prager Produktionen bekam es auch die die Möglichkeit, sein eigenes Arrangement sowie Szenographie auszubilden, was die Gelegenheit ist, die nicht zu verscherzen  ist.
           
Der Regisseur Stanislav Moša machte einige tapfere Striche in der Partitur; die Inszenierung, vom Prolog in der Umgebung der Sträflingskolonie bis zum Sterben von Valjean, dauert so ungefähr drei Stunden. Die ursprüngliche Holzdekoration der Londoner Inszenierung ist in Brno von der ganz neuen Szene von Christop Weyers ersetzt. Dieser anerkannte deutsche Bühnenbildner entwarf die realistisch aussehenden Filmkulissen, die mit Hinterprojektion und effektvoller Ummantelung der Portale ergänzt sind. Die Augenweide ist dann auch von der Bildnerin Andrea Kučerová unterstützt, die die Akteure in mehr als fünfhundert historische Kostüme anzog.
           
Das Arrangement von Moša ist vielleicht nicht so dynamisch, wie die Kenner der Londoner Inszenierung erwarten würden. Der Regisseur lässt oft die Solisten auf ganz leerer Bühne singen, die stilisierte Bewegung ersetzt er ehr durch schauspielerische Aktion und das lyrische Ausklingen der Songs begleitet er mit Zivillage. Schön sind einige Details in der Arbeit mit Requisiten. Zum Beispiel das Augenblick, wann der Studentenführer Enjolras die französische Fahne so ausbildet, dass er auf den Besenstiel sein blaues Hemd, rotes Tischtuch und weißen Unterrock festbindet, den ihm ein der zusehenden Mädchen vorrätig verleiht.
           
Die Besetzung des Musicals ist groß angelegt: in einigen Rollen wechseln sogar vier Schauspieler. Die Hauptgestalt von Jean Valjean wird von Petr Gazdík und dem gastierenden Jan Ježek alterniert, wobei der letzt genannte auch in den beiden Prager Inszenierungen sang. Bei der ersten Premiere, die ich sehen konnte, bekam die Gelegenheit der heimische Petr Gazdík. Seine Leistung war in allen Aspekten ausgezeichnet und graduierte ganz natürlich mit prächtiger Interpretierung des emotionell gespannten Lieds "Vaterunser", bei dem Valjean über schlafendem Marius betet.
           
Die zweite Gipfelleistung der ersten Premiere war für mich Eponine von Hana Holišová. Ausgezeichnet gesungene Gestalt, die darüber hinaus auch ein der Schlüsselthemen der Musicals genau erfasste, nämlich die Entscheidung des Menschen, sich für das Leben der anderen zu opfern. In die Kategorie der präzisen Interpreten ordneten sich doch auch Igor Ondříček als strenger Javert, Dušan Vitázek in der Rolle des romantisch liebenden Marius und die zuverlässig intonierende Radka Coufalová in der Gestalt der zerbrechlichen Cosette ein. Was das Ensemble betrifft, dieses verdient sicher gelobt zu sein, weil seine Mitglieder eine ganze Reihe von kleinen Gestalten darstellen und im Musical, in dem man vom Anfang an bis zum Finale sing, nicht zu viel Zeit haben um auszuatmen.
           
Die Brünner Version Der Elenden trägt den guten Namen dieses anerkannten Werks mit erhobenem Hauptes weiter. Nach den Titeln Jesus Christ Superstar, Oliver! und Fame ist im Stadttheater Brno wieder ein Musical mit Weltformat zu sehen. Es ist eine gute Visitenkarte des Theaters aber vor allem eine gute Nachricht für sein Publikum.
         

Die Elenden wurden in der Straße Lidická mit aristokratischer Großzügigkeit heimisch

Vladimír Čech 1. April 2009 zdroj KAM - Anlage Nr.4

            Als das Musical Die Elenden nach dem gleichnamigen Roman von Victor Hugo (Musik Claude-Michel Schönberg, Libretto Alain Boublil) bei seiner Prager Prämiere am 25. Juni 1992 den tschechischen Boden zum ersten Mal betrat, schien es, in mehreren Hinsichten einen "Erbschaden" der Weltpremiere hinter sich zu ziehen; diese Weltpremiere fand im Londoner Barbican am 8. Oktober 1985 statt und die Reaktionen entsprachen den gehegten Erwartungen nicht. Es wäre vielleicht besser gewesen sein, das ganze Projekt zu verlassen. In der britischen Hauptstadt rannte doch der Produzent Cameron Mackintosch mit dem Kopf gegen die Wand - und am Ende gewann er. Prag hatte solches Glück von weitem nicht. Doch, das relativ kurze Leben der Prager Elenden war in unseren Umständen eine Pioniertat, denn sie zeigte, wie den ähnlichen Projekten der Weg gebahnt sein muss.
            Und so kann man mit Sicherheit sagen, dass die Elenden ihren sicheren Obdach und zuverlässigen Hinterland erst jetzt, in der südmährischen Metropole, auf der Musikbühne des Stadttheaters Brno fanden. Und sie nutzten es im großen Stil aus (Premiere am 13. und 14. Februar). Die beinahe dreistündige Vorstellung startet im Allegro, sie sagen sich sogar, ob dieses Tempo aushalten kann. Aber auch zeitweiliges Andante kann man als eine kontrastierende Pause, als eine Zeit um das Atmen für neuen Sprint zu finden, nehmen.
            Der Regisseur Stanislav Moša zusammen mit seinem Team der Mitarbeiter (Musikeinstudierung Jiří Petrdlík, Bühne Christoph Weyers, Kostüme Andrea Kučerová, Choreografie Vladimír Kloubek) bietet eine opulente Schau mit schnellen Änderungen der Schauplätze an, so dass sie immer überrascht starren, welche Umwandlungen die Szene noch zu machen weiß. Ihre Geschwindigkeit ist doch die notwendige Bedingung - Die Elenden sind nämlich eine große, kontinuierliche Partitur, in der keine Pausen für "trockene Prosa" sind. Also in diesem Fall können wir vielleicht auch festlegen, dass das Musical auf das Tor der Oper klopfte.
            Die Soloparten werden insgesamt alterniert, hinter einigen Gestalten sind auch drei Namen versteckt, es ist hier sogar auch die Perspektive einer vierten Variante. Trotzdem bin ich überzeugt, dass der positive Ausklang von der konkreten Wahl eines Schauspielers nicht viel abhängen wird, weil Die Elenden vor allem wie das Ergebnis der ausgezeichneten Teamarbeit anreden werden. Es handelt sich wieder um eine Vorstellung voll von jugendlicher Energie, Vitalität, Elan und anderer ähnlicher Synonyme. Aber das wurde in diesem Theater beinahe zu einer Norm.
            Bei der zweiten Premiere - es gelang mir nicht meine Ohren zu stopfen um nicht zu hören, dass sie im Schatten ihrer Vorgängerin stand - war der Darsteller von Jean Valjean der anfangs ein bisschen nervöse gastierende Jan Ježek, Petr Štěpán stellte mit der für ihn typische Energie Javert dar, Tomáš Sagher war ein lieblicher Thénardierem, Zuzana Maurery in der Gestalt von Madame Thénardier spielte doch schon über.  Es gefiel mir Jakub Uličník als Marius, Robert Jícha auf der Barrikade donnerte und Johana Gazdíková als Eponina setzte sich mit ihrem Part unvergleichbar besser auseinander als Marta Prokopová in der Gestalt von Cossete, für die die Rolle über ihren sängerischen Kräften, insbesondere in höheren Stimmenlagen, stand. Aber das war das einzige markante Manko des Abends, das mit Recht eine beinahe Manifestationsreaktion ernte.
       

„Les Misérables - Die Elenden“ im Stadttheater Brno

Ondřej Doubrava 1. März 2009 zdroj Musical.cz

      Der zweite Monat des Jahres 2009 steht im Zeichen der meist erwarteten Musicalpremieren, bzw. der Rückkehr von zwei vielleicht beliebtesten Werken in der neuzeitlichen tschechischen Geschichte. Sie wurden lange erwartet, aber die Geduld lohnte sich aus und es ist eine echte Freude, sich die süßen Früchte oder den Besuch der gelungenen Vorstellung zu genießen. Und es ist mir ein Vergnügen festzustellen, dass die neue Inszenierung der legendären Elenden (Les Misérables) auf das Ereignis der Saison mit Recht aspiriert!
 
            Als man über die Aufführung dieses Musicalschmuckes am Anfang des Jahres 2008 mit offiziellerem Ton zu sprechen begann, viele sagten sich vielleicht: "Ist es nicht zu früh?" In jener Zeit glimmte immer noch leichte Hoffnung, dass die Prager Inszenierung noch für eine Zeit zurückkommt. Aber wer über die Erteilung der Lizenzen für die größten Weltstücke Bescheid weiß, ahnte schon, das es so nicht wird, und weil die Zeit ein eingebildet mächtiger Zauberer ist, kommt die Brünner Inszenierung genau in der Zeit, wann die Zuschauer in Prag beginnen nach Den Elenden zu sehen und wann die Erinnerungen an die vorige Inszenierung von einem leichten Nebel beginnen umgehüllt zu sein. Und die Brünner freuen sich sehr darüber, dass ein so berühmtes Werk auf die Musikbühne des Stadttheaters Brno geriet.
 
            Falls Sie schon eine Inszenierung dieses Stücks sahen (für die Zwecke dieses Artikels setzen wir voraus, dass die meisten Leser erst die seit 2003 in GoJa Music Hall aufgeführte Version kennen lernen konnten, auch wenn wir jenen, die die erste Einstudierung - eigentlich die Kopie der Londoner Inszenierung - im Sommer 1992 im Theater Na Vinohradech sahen konnten, rückhaltlos beneiden; Autor dieser Rezension, damals achtjähriger Knirps, erinnert sich nur dunkel an damalige Fernsehwerbungen), werden Ihnen "Die Elenden" in Brno alle ihre bisherige Erlebnisse zerstören. Sie sind nämlich ganz anders aufgefasst.
 
            Zum Beispiel durch die Szene des deutschen Bühnenbildners Christoph Weyers - diese konzentriert sich nämlich, genau nach der Regieabsicht, an das elende Leben der Menschen, sie ist ziemlich dunkel, schmutzig bis roh, zum großen Teil völlig minimalistisch, nur von einer geschmackvollen statischen Projektion ergänzt. Es funktioniert ausgezeichnet und gleichzeitig entdeckt es neue, ernstere Zusammenhänge. Ja, damit schreibt sich die Inszenierung ein markantes Plus zu, sie verfolgt nämlich das Thema. Fürchten sie doch nicht, die Barrikaden sind im Rahmen der Möglichkeiten ziemlich realistisch (Barrandov-Studios, wo die Kulissen realisiert waren, verleugnen sich wirklich nicht). Ihre eigenen Bewunderer wird sicher auch das niedliche Gasthaus des Ehepaars Thénardier nach dem Stil "Sweeney Todd" finden, wo diesmal eine wirklich faschierte Kunststoffkatze ist. Es sieht ausgezeichnet aus, keine Billigkeit ist zugelassen! Sie werden sicher auch durch die Besuche der Pariser Kanäle begeistert sein.
 
            Stanislav Moša fürchtete nicht, die schauspielerischen Situationen vollkommen durchzuarbeiten (hier ist ein großer Unterschied gegenüber der Bearbeitung von Petr Novotný zu sehen, die zwar Megalomankulissen anbot, aber in der auch die Schauspieler in einigen wenigen Situationen nur in einer gewissen "Skizze" blieben") und einige Momente auch ganz anderes aufzufassen, z.B. das Sololied des Studenten Marius "Leerer Tisch und leere Stühle" stellt ihn uns auf der ganz leeren Szene, auf einem Stuhl gekuschelt vor. Die Sträflingsgaleere ist dann in einen Steinbruch effektvoll situiert, wo jedes Moment des Lebens in vollkommener Monotonheit ertrinkt.
 
            Gewisse Änderungen waren auch in der Musikeinstudierung durchgeführt, für die die Dirigenten Dan Kalousek, Jiří Petrdlík, Igor Vavrda (Musiksupervisor ist Petr Gazdík) durch die Verbindung von unterschiedlichen Tätigkeiten sorgten. Dank dessen, dass das Versprechen über neues Arrangement der Partitur eingehalten war, werden wir zu Zeugen einer ganz neuen Auffassung für die Zuhörer, vor allem was die rhythmische Auffassung und das Phrasieren der Silben betrifft. Auch so wird der ganze Klang des Orchesters, der vor allem auf den Streich- und Schlaginstrumenten mit markanten Ansätzen der Blasenistrumente und auf den Synthetisatoren gebaut ist, für die langjährige Bewunderer sehr nah sein, es sind keine markante Experimente zu fürchten. Nur mit Umwegen: wenn Jiří Petrdlík dirigieren wird, schauen Sie ihn manchmal an; solche Begeisterung aus dem Musikerlebnis ist nur selten zu sehen. Sie strahlt von jeder seiner Bewegung und aus jeder Note.
 
            Die einzelnen Leistungen werden in dieser Inszenierung vielleicht aus einer vollkommen subjektiven Sicht bewertet. Versuchen wir also etwas Ähnliches zu machen, die nachfolgenden Zeilen sollen doch nicht für bare Münze genommen sein. Wie das Ganze gesehen, scheinen sie meistens außergewöhnlich ausgewogen zu sein.
 
            Beginnen wir mit der Frage: gelingt es uns überhaupt, eine tschechische Einstudierung ohne Opersänger Jan Ježek in der Gestalt von Jean Valjean vorzustellen? Wahrscheinlich nur schwierig, er ist wirklich diese Gestalt und er lebt mit ihr, es ist also gut, dass er das Angebot ausnutzte und zu seiner Lebensrolle auch das dritte Mal und wieder vorzüglich zurückkehrte. Seine Wiedergabe des Lieds "Vaterunser" ist immer noch ein unvergessliches Erlebnis. Den legendären Darsteller nahm das Publikum in Brno mit Begeisterung an, was sicher eine angenehme Belohnung für seine brillante Darstellung war.
 
            Petr Gazdík in der Gestalt von Valjean ist eine ziemlich angenehme Überraschung, es fehlen ihm selbstverständlich die langjährigen Erfahrungen von Ježek, er bewegt sich doch ziemlich gut zwischen allen Valjeans Lebensetappen und lässt seine höher gesetzte Baritonstimme in allen Farben zu spielen.
 
            Eine sehr ausgewogene Situation herrscht bei den Darstellern des Inspektors Javert. Werden sie jeden beliebigen von ihnen sehen, werden sie nicht enttäuscht sein; große und äußerst interessante sind doch die Unterschiede in den einzelnen Auffassungen.
 
            Petr Štěpán als ein dramatischer Schauspieler spielt seine Gestalt ganz natürlich in allen Details, er ist ein strenger, prinzipienfester Javert. Die Lieder waren genau für ihn modifiziert, dass er sie souverän bewältigt, und solche Modifizierungen können nur gelobt sein; vor allem das Zentrallied dieser Gestalt "Stars" lautet in seiner Darbietung wirklich ausgezeichnet.
 
            Falls sie bei der Gestalt von Javert eher auf die Darbietung der einzelnen Lieder mehr achten, kann ich ihnen niemanden anderen als den famosen Sänger Lukáš Vlček empfehlen, der vor seiner großen Gelegenheit und vor den durch seine Freunde in ihn gelegten Erwartungen keine Angst hatte, diese Gelegenheit ausnutzte und dank seiner vollen Bassbaritonstimme und, besonders in der zweiten Hälfte, dank der sympathischen Schauspielkunst (und dank dem unübertrefflichen Selbstmord von Javert) an den Titel die beste Alternation aspiriert.
 
            Igor Ondříček ist dann ein angenehmer Mix von den beiden, schon erwähnten Herren; er wird sicher die Vorstellungen der Zuschauer über einen strengen, prinzipienfesten Polizisten erfüllen. Darüber hinaus enthält seine Auffassung auch eine riesige Dose des Ärgers und in seinem Gesicht spiegelt sich das Intrigieren ab.
 
            Fantine - wie Lenka Janíková so auch Eva Jedličková (die letzt genannte studierte die Gestalt als understudy - Einspringen ein; aber lassen sie sich mit dieser unsichtbarer Zettel nicht zu irritieren) - sind in der Gestalt der verlassenen Mutter Fantine genau, was ihren Typ betrifft, und dank ihrer hochwertigen Gesangauffassung sowie den schauspielerischen Details ist nicht nur ihr Lied "Traumbuch" das wirkliche "Rührstück".
 
            Marius: der Vorteil von Jakub Uličník besteht darin, dass er die mehr infantilen, verrückten Typen spielen kann und so scheint diese Rolle, genau für ihn geschrieben zu sein. Der junge Student der Janacek Akademie der musischen Künste Tomáš Novotný (sie können ihn zum Beispiel als Judas aus "Godspell" kennen") ist dann Marius, dessen Gesang sich am besten zuhört. Im Ganzen gesehen, diese zwei Herren sind zwei durchaus gleichwertige Alternationen.
 
            Äußerst interessant ist auch die Situation bei der Darstellerin der vielleicht bekanntesten Mädchengestalt, und zwar Eponine. Johana Gazdíková stellt sie mit ein bisschen Souveränität sowie gesunder Frechheit dar, aber ihr Stimmtimbre muss nicht allen gefallen. An Hana Holišová passt diese Rolle ohne Vorbehalt mit allem, was dazu gehört. Die größte Überraschung ist doch Kateřina Halíčková, der auch die Zettel "Unterstudy" nicht zugeteilt sein sollte; sie kommt auch ohne diese aus, sie ist nämlich Eponine mit großem E. Ihre Auffassung des Lieds "Außenseiterin" ist erlebt, natürlich und raubt einem den Atem.
 
            Die Rolle der erwachsenen Cosette ist vielleicht ein der meist problematisch geschriebenen Parte in der Musicalgesichte und er ist nur schwierig zu singen. Deshalb kann er nicht anders bewertet sein, als wie ihn die Darstellerinnen als ein Ganzes bewältigten. Radka Coufalová sowie Marta Prokopová bestanden in diesem Teil vorzüglich, Marta passt dank ihrem Alter in den Charakter der Gestalt ein bisschen besser.
 
            Enjolras, Führer der Revolution: eine sehr dankbare Rolle. "Rückkehrer" in dieser Rolle ist Robert Jícha, der seit der Prager Aufführung den Charakter noch mehr vertiefte und ihn strenger machte. Jiří Mach scheint,  für die Kampfgefährten mehr ein Freund zu sein. Beide Herren sind ausgezeichnet.
 
            Gehen wir zu den Schmucken der Inszenierung über, zu denen das Ehepaar Thénardier unerwartet geschlagen ist. Jan Mazák in der Gestalt des ausgezehrten Wirtes ist durchaus glaubwürdig und falls für den besten tschechischen Darsteller dieser Rolle bisher Jiří Korn gehalten ist, ist Jan Mazák ein ganz anderer, aber vollkommener Vertreter, mit durchaus präzisem schauspielerischem Ausdruck, so dass wir die Absenz von Korn in dieser Inszenierung nicht bedauern müssen. Aus Mazáks Auffassung begreifen sie sogar gleich, warum Cosette bei der Hochzeit genau das Kleid an sich hat, welches sie hat. Thénardier in der Darbietung von Tomáš Sagher hat dann einen kleinen Nachteil, er muss aus der Nähe beobachtet sein, dann werden Sie auch bei ihm unterschiedliche witzige Momente finden.
 
            Bei der Madam Thénardier können sie dann die Darstellerin wählen: falls sie das Stichwort "Die neue Inszenierung verdient eine neue Auffassung" bekennen, dann kann ich ihnen Jana Musilová empfehlen, die aus dieser Gestalt eine gelungene Karikatur machte. Jede ihre Replik ist ein riesiges Erlebnis. Ziehen sie die traditionelle Darstellung vor? Dann sind hier noch Lenka Bartolšicová und Zuzana Maurery, beide sind sehr gut und beide passen ausgezeichnet zu ihren Ehemännern.
 
            Sehr geschickt sind auch alle Kinderdarsteller, zu nennen ist aber vor allem die Leistung von David Žák in der Gestalt von Gavroche - so etwas wird Naturgewalt auf der Bühne genannt.
 
            Kurz und gut: falls solche Möglichkeit, ihre Leistungen schauspielerisch auszufeilen, Jiří Korn mit Hana Křížková sowie alle andere hätten, konnte die auch so ausgezeichnete Inszenierung von Petr Novotný in GoJa Music Hall noch um einen Rang besser sein; in dieser Richtung erntet doch Mošas Einstudierung zu Recht das Lob.
 
            Das Stadttheater Brno unterschätzte die Vorbereitung dieses Titels nicht, es kam mit notwendiger Demut zu ihm zu und auf dem Ergebnis ist es wirklich viel zu sehen. In dieses Werk war noch eine hervorragende Sache eingelegt, die die Kritiker manchmal vergessen und anstatt dessen sich mit unwesentlichen Details beschäftigen. Diese Sache ist das Herz und wahrscheinlich vor allem dank dessen können wir "Die Elenden" nicht nur in der neuen Superlativinszenierung (es handelt sich doch um ein "Superlativmusical", nicht wahr?), aber auch in der Auffassung sehen, die der originellen Idee vielmehr näher steht - in der mehr depressiven und wirklichen und trotzdem so uns allen nahen Auffassung. Von den Zeugen der alten Inszenierungen verlangt es doch, sich von jenen früheren, auf den ersten Blick mehr monumentalen Inszenierungen loszulösen. Falls es so sein wird, dann erwartet sie ein sehr starkes Erlebnis, bei dem sie für ihre beliebte Gestalten den Daumen halten werden und am Ende zu dem hoffnungsvollen Abschlusschor hinkommen. Nehmen sie also diese Rezension wie ein Tipp zu Ausflug, mit diesem anspruchvollen Projekt werden wahrscheinlich keine Gastreisen gemacht.

Die Elenden im Stadttheater: eine hochwertig abgeführte Arbeit

Lenka Vránová 1. März 2009 zdroj Toplife

            Die Elenden in Tschechien und private Musicalproduktionen. Noch vor ein Paar Wochen gehörte diese Verbindung untrennbar zueinander. Aber seit dem 13. Februar ist es schon alles anders. Das Stadttheater Brno studierte nämlich das bekannteste Weltmusical als das erste Stein-Repertoiretheater bei uns ein. Und dass die Gruppe um den Direktor und Regisseur Stanislav Moša herum vor nichts schreckte, bewies sie auch dadurch, dass sie das Datum der Premiere an den magischen Freitag, den dreizehnten festlegte.
 
            Das Stadttheater spitzte sich auf den berühmten Titel schon seit langem. Da steckte doch ein Häkchen drin, dass die Brünner erst erwarten mussten, bis dieser Hit nach dem gleichnamigen Roman von Victor Hugo in der Prager GoJa Music Hall nicht mehr aufgeführt wird. Der berühmte britische Produzent und Besitzer der Rechte Cameron Mackintosh wollte nämlich seine Zustimmung damit nicht geben, dass zwei Produktionen Der Elenden in einem Land (darüber hinaus in so kleinem Land) gleichzeitig aufgeführt würden. Mošas Equipe ging während dieses Wartens doch nicht müßig und studierte inzwischen die tschechischen Premieren von anderen zwei bekannten Musicaltiteln ein: Oliver! und Die Hexen von Eastwick. 
 
            Gerade ihr Erfolg half dazu, dass die britische Produzentenwerkstatt dem Stadttheater Brno eine exklusive Ausnahme in der sonst strikten Einhaltung der Lizenzbedingungen für die Vorbereitung Der Elenden erteilte. Die Brünner Inszenatoren mussten also keine weitere genaue Replik der Londoner Inszenierung produzieren (wie es überall in der Welt vorkommt), sondern sie hatten bei der Einstudierung freie Wahl und freien Raum für ihre eigene, originelle Auffassung.
 
            Sie ergriffen es wirklich sorgfältig. Sie luden den deutschen Bühnenbildner Christoph Weyers an, um mit ihnen zusammenzuarbeiten. Sie ließen die dreidimensionalen Kulissen in den Filmstudios Barrandov nach Maß herzustellen. Sie nutzten die Videoprojektionen aus und Andrea Kučerová entwarf mehr als fünfhundert Zeitkostüme.
 
            Der Regisseur Moša konnte sich den Luxus erlauben und die Revolutionsgeschichte aus den Pariser Barrikaden des Jahres 1830 bis zu ein Paar Ausnahmen nur mit Stammschauspielern des Ensembles einstudieren - und auch trotzdem, dass einige Rollen sogar viermal alterniert werden. Man kann eine Superqualitätsszene, Superkostüme, gut funktioniertes Orchester (in Brno live spielendes, fünfunddreißigköpfiges Orchester) haben, aber wenn entsprechende schauspielerische Darsteller fehlen, kann man Die Elenden in den Spielplan nicht einsetzen. Les Misérables ohne ein einziges gesprochenes Wort balancieren an der Grenze zwischen dem Musical und der Oper und disponieren über außerordentlich anspruchvolle Gesangparte. 
 
            Jener schwierigste erwartet ganz natürlich den Hauptheld, den entflohenen Galeerensträfling Jean Valjean. In Brno wird diese Gestalt von dem schon "erfahrenen tschechischen Valjean" Jan Ježek dargestellt, der schon in der ersten tschechischen Aufführung Der Elenden im Jahre 1992 im Theater na Vinohradech sowie in der erneuerten Premiere um elf Jahre später auftrat. Aus den heimischen Quellen ergänzte ihn Petr Gazdík, der in der völlig konzentrierten Leistung alle seinen bisherigen Erfahrungen in Musicalrollen verzinst. In den anderen Gestalten glänzten in mehreren Alternationen Lukáš Vlček als der Polizeikommissar Javert, Lenka Janíková als Fantine, Radka Coufalová in der Gestalt von Cosette, Robert Jícha als der Revolutionär Enjolras oder Zuzana Maurery mit Tomáš Sagher im komischen Paar der Gasthofbesitzer Thénardiér.
 
            Das Stadttheater Brno lieferte in den Elenden professionelle Leistungen von allen Darstellern und nutzte das Potenzial seines eigenen Ensembles völlig aus. Über das Zuschauerinteresse muss das Theater in der Straße Lidická keine Angst haben. Schon jetzt könnten sie auf der Kasse den Zettel mit der folgenden Aufschrift aushängen: Die Elenden - bis Ende März ausverkauft.
           
 
 

Es gewinne die Wahrheit und komme die Freiheit zu uns

Jiří P. Kříž 19. Februar 2009 zdroj Právo

Wie ein Sturm der Revolution brach in das Stadttheater Brno das Bild des Wegs in Einsamkeit ein - Die Elenden
           
Mit dem Autorenduo Boublil und Schönberg brachen in das Stadttheater Brno nicht nur Die Elenden – Les Misérables, sondern vor allem und endlich der Vektor zu dem aktuellsten Weltmusical ein. In ausgezeichneter Umdichtung von Zdeněk Borovec.
           
Was würden wir uns einreden? Die Entwicklung - vereinfacht gesagt - blieb nicht bei Lloyd-Webber und Rice stehen. Über die Existenz des französischen Megamusicalzweigs des Musiktheaters ist es in Tschechien nur herzlich wenig bekannt. Boublil und Schönberg sind dabei seine dominanten Vertreter.
Jeder Name ein Begriff
Ihre Elenden kennen wir dank Petr Novotný (Prag, 1992 und 2003). Miss Saigon, Martin Guerre, The Pirate Queen oder Marguerite erwarten wir doch noch immer vergeblich. Hoffentlich werden sich dieser einzigartigen Stücke oder auch z.B. Notre Dame de Paris, Roméo et Juliette oder Le Petit Prince die meistens sehr platten privaten Prager Produktionen nicht bemächtigen...
           
Der Regisseur Der Elenden in Brno, Stanislav Moša, hat eine gute Tat beim Herrgott zugute. Zu dem ausgezeichneten heimischen Darsteller von Jean Valjean Petr Gazdík zog er einen aus den besten in der Welt hinzu - Jan Ježek.
           
Wenn er auf der Barrikade über dem schlafendem Marius sein Vaterunser, jene schwierige Tenorarie über der Baritonpartitur, singt, läuft den empfindlicheren Zuschauer kalt über den Rücken. Dann bricht im Zuschauerraum - nach notwendiger Reinigungspause - ein großer Applaus auf offener Szene aus.
           
In der Inszenierung ist er nicht der einzige. Dieser gehört auch der unkenntlich verwandelten Jana Gazdíková (Eponine), an Petr Štěpán für seine ausgezeichnete Erhebung des metaphorischen Bilds mit dem Selbstmord von Javert, an Tomáš Sagher und Zuzana Maurery für ihre Darstellung der menschlichen Wurme - Thénardier und seine Madam. Und auch an Robert Jícha - nach der Prager Inszenierung wiederholte er den Studentenstürmer Enjolrase - an Robert Uličník (Marius), sowie der eher aufstrebenden als ausgereiften Marta Prokopová (Cosette)...
Was für eine Professionalität!
Ich schreibe über die zweite Premiere; das Stadttheater Brno hat für jede Rolle drei, manchmal sogar vier Darsteller. Ondříček, Mazák, Musilová, Jedličková, Vitázek, Coufalová, Holišová... Jeder Name ein Begriff.
           
Unterschied zwischen den Inszenierungen? Jene in der Stadt an der Moldau war die erste, diese in Brno ist vollkommen professionell. Es reicht, zum Beispiel die Barrikaden zu vergleichen: am Fluss Svratka wurde sie vom bekannten deutschen Bühnenbildner Christoph Weyers gebaut. Und es weht über sie die französische Trikolore aus Hemden und Unterröcken! Genaue Charakteristik der Gestalten durch die Kostüme von Andrea Kučerová. Die gemäß den Möglichkeiten des Ensembles ausgebaute Choreographie von Vladimír Kloubek.
           
Und die Leistungen! Fantine Lenka Janíková (und sicher auch Markéta Sedláčková) sang nicht nur, sie spielte auch. Und wie. Applaus, den ich absichtlich am Schluss erwähne. So.
          
 

Les Misérables - Brno 2009

Vítězslav Sladký 18. Februar 2009 zdroj Musikal-opereta.cz

Wenn der Direktor Stanislav Moša mittels der Pressesprecherin des Stadttheaters Brno die Nachricht veröffentlichte, dass er in einer Theatersaison Les Misérables und Evita aufführen wird, erregte er auf der tschechischen Musicalszene großes Aufsehen. Doch, die Brünner vorbereiteten sich auf Les Misérables schon seit langem - vor allem mit der erfolgreichen Einstudierung der Musicals Oliver! und Die Hexen von Eastwick, welche zu der "Produzentenfirma „made in Cameron Mackintosh“ gehören. Man musste doch warten, bis die Gültigkeit der Aufführungsrechte in Prag beendet wird, weil der britische Barde des Musiktheaters sie an zwei tschechischen Produktionen gleichzeitig nicht verleihen wollte. Man lohnte sich doch zu erwarten.... Einerseits rief das Brünner Ensemble aus - was seine schauspielerische Kunst betrifft - und verbreitete sich so, dass es nur mit einigen wenigen Gästen auskommt, anderseits gewann es europäische Berühmtheit und dank dieser auch die sog. freie Lizenz - und weil es, wie wir schon wissen, "freie" und "freiere" Lizenzen gibt, bekam das Team aus Brno sicher die größte Freiheit im Rahmen der tschechischen Les Misérables, sie nach seiner Vorstellungen aufzufassen. Das zeigte sich vor allem in der Szenographie, die sich von der ursprünglichen Originalität (1992) über den Musicalkitsch (2003) bis zu der eigenartigen Einbildungskraft verschob. Der deutsche Bildner Christoph Weyers verwendet oft - außer den dreidimensionalen Kulissen aus der Werkstatt der Filmateliere Barrandov - auch die Projektion und vor allem das wirkungsvolle Lichtdesign, das dem gegenwärtigen Theatertrend, "das Dunkel zu erleuchten" völlig entspricht. Fürwahr, mit der Illusion, dass der große Teil der Handlung in der Nacht spielt, müssen wir nicht immer einverstanden sein, doch das Ganze klingt sehr imaginativ aus. Die Szene von Weyers, ähnlich wie die Regie von Stanislav Moša,  legt uns Les Misérables so vor, wie wir sie nicht kennen, doch traditionell. Die Autorin der sehr gelungenen Kostüme ist Mošas Mitarbeiterin Andrea Kučerová
           
In die Musikeinstudierung warf sich mit berühmter Verve und Begeisterung der Dirigent Jiří Petrdlík zusammen mit Dan Kalousek und Igor Vavrda (um die Vokaleinstudierung kümmerte sich Karel Škarka und um die Musiksupervision Petr Gazdík) und es lohte sich aus: Jiří Petrdlík gab dem Orchester den ursprünglichen, beinahe symphonischen Klang zurück, und zwar bei der möglichst treuesten Einhaltung des Charakters des originellen Werks. Wer nicht hörte, wie Les Misérables im Prager Theater Na Vinohradech lauten, wird vielleicht überrascht sein, doch gerade die Musikauffassung hebt die Inszenierung in Brno über jene in Prag hervor. Unter der Choreographie ist Vladimír Kloubek unterschrieben und es scheint, dass er diesmal vor allem an Stanislav Moša half, die Bewegungen der Gestalten und vor allem der Company abzustimmen, denn diesmal in Les Misérables effektvolle Tanznummer und Ballettszenen fehlen, wodurch sie sich von den ähnlichen Produktionen unterscheiden.
           
Aus den Alternierungen, die wie sehen konnten, war ich vor allem von Dušan Vitázek (Marius), Radka Coufalová (Cosette), Hana Holišová (Eponine) und erstaunlicherweise auch von den Darstellern der Kinderrollen bezaubert, deren gute Besetzung in der tschechischen Umgebung sehr oft der Stein des Anstoßes ist. In der Hauptrolle von Jean Valjean sahen wir dann den heimischen Petr Gazdík. Ursprünglich erwartete ich, nach seinen physischen Voraussetzungen und nach seinem schauspielerischen Charakter, dass er sich in der Lage des Galeerensträflings am besten fühlen wird, aber ganz im Gegenteil. Nach dem Lied "Wer bin ich" kam seine Leistung dem Ideal nahe und er spielte und sang ganz souverän, übrigens, wie wir bei ihm gewöhnt sind. Interessant ist sicher auch die Tatsache, dass Cosette jetzt auch von Kateřina Krejčová alterniert wird, die ich vor siebzehn Jahren in der Rolle von Cosette-Kind sah, und ihr erlebter Gesang ist auch auf der oben erwähnten Aufnahme aufgenommen.
           
Großer Lob gehört auch dem kleinen, doch informationsreichen Programm, dessen Hauptautorin die Dramaturgin Pavlína Hoggard ist und das auf unserem Markt die Absenz der hochwertigen Musikpublikationen (ausgenommen " uzikál express" von Michael Prostějovský") teilweise ersetzt. Darüber hinaus geht es in Tasche oder Handtasche hinein, was heute nicht oft zu sehen ist - ich entschied mich doch, den Theaterprogrammen allgemein einen getrennter Artikel zu widmen...
           
Kurz und bündig, Les Misérables in Brno sind nach einer längeren Zeit wieder ein Titel, der beinahe alle meine Erwartungen restlos erfüllte. Les Misérables in Brno bieten ein Theatererlebnis an, das verdient, besucht zu sein.

Das berühmte Musical Les Misérables wird schon auch in Brno gespielt

Peter Stoličný 16. Februar 2009 zdroj Musical-opereta.cz

Nach diesem Seufzer sehen wir uns Les Misérables in Brno an: In den immer sich wiederholenden Streit, ob das Musical Kunst oder nur Kommerz ist, trat das Stadttheater Brno auf seiner Musikbühne ein. Und es trat dorthin ziemlich ungewöhnlich ein. Es ist nämlich das einzige Steintheater in der Tschechischen Republik, das Les Misérables aufführt. Und nur mit minimaler Anzahl der Gäste. In Brno werden also die Theatervorstellung und nicht die Stars besucht. Das ist eine bedeutende Verschiebung im tschechischen Inszenieren dieses Werks von Victor Hugo und sie ist in dem ganzen Inszenierungsschlüssel des Regisseurs Stanislav Moša zu sehen.
            
Noch eine Tatsache ist der Erwähnung wert. In der ganzen Welt werden Les Misérables wie "mit einem Kopierpapier" in Szene gesetzt. Also unter der strengen Aufsicht des Produzenten, der seine Genehmigung mit der Aufführung erteilt. Es gibt nur einige wenige Musikszenen, denen Mackintosh erlaubte, Regieeingriffe über den Rahmen des genehmigten Inszenierungsschlüssels zu machen. Les Misérables sind wie ein Hamburger von MacDonalds. Sie haben denselben Geschmack, in derselben Umgebung - in Tokio, Oslo, Madrid oder in Prag. Deshalb war ich sehr neugierig, wie sich Stanislav Moša mit seiner "Regiefreiheit" zu helfen wissen wird. Es ist zu bemerken, dass diese Freiheit relativ ist. Macintosch erteilte dem Regisseur die Freiheit gerade deshalb, dass er ihn schon aus anderen Produktionen kennt und weiß, dass Moša nach dem Sinn des Werks im Einklang mit seien originellen Absichten gehen wird.
           
Auf der Szene des deutschen Bühnenbildners Christopher Weyers ist eine Menge der Wunder aus dem technischen Hinterland der modernen Musikbühne ausgenutzt. Es ist kein Problem, die Kulissen von oben herunterzulassen, jene größten vonseiten anzuschieben, mit Lichter über die schnell senkenden Horizonte von unterschiedlicher Durchsichtigkeit zu spielen, Seitensoffitte leise und unauffällig zu öffnen und schließen, unterschiedliche Teile des Fußbodens zu heben - "die Brette, die die Welt bedeuten" sind hier also sehr virtuelle Brette, solche, die erlauben,  unterschiedlichste Illusionen zu haben. Und Theater, das ist doch die Welt der Illusionen.
           
Es ist offensichtlich, dass diese Inszenierung nicht für Gästereisen bestimmt ist. Sie ist den Möglichkeiten angepasst, die Brünner Bühne anbietet. Falls es also eine Abweichung der Inszenierung in Brno von jener "mit einem Kopierpapier gemachter" gibt, dann besteht diese in größerer Bildungskraft. Schon die erste Szene aus dem Steinbruch sagt vor, wie unterschiedlich und um wie viel wahrhaftiger die Umgebung wird, in der die Geschichte gespielt wird. Dass sie in einem gewissen Maß den Naturalismus und Romantismus von Victor Hugo respektieren wird. Anderseits, wie ein Kontrapunkt, erlaubte sich Moša, einige Schlüsselparten in die Mizanszene zu setzen, die völlig leer ist. Vielleicht nur ein unauffälliger Raum, der die Konturen der "Brette" und des Hintergrunds in die Unschärfe zieht, hilft uns, uns auf die Protagonisten der Geschichte zu konzentrieren. Und in dieser kontrastvollen Umgebung der leeren Virtualität klingen die Musik und die Texte zusammen mit der wunderschönen schauspielerischen Kunst der Protagonisten um so stärker aus.
           
In der ungleichartigen Szene, die naturalistische Auftritte mit dichterischer Andeutung wechselt, werden wir zu Zeugen der Bilder, in denen wir die in Zeitkostümen bunt angekleideten Personen sehen. Von den Studenten, über die Handwerker bis zu den Kurtisanen. Den 500 unterschiedlichen Kostümen verlieh die Bildnerin Andrea Kučerová angenehme Imagination. Ein Beispiel sind das Ehepaar Thénardier - in der Bierbankszene sind sie beinahe wie Clowns angekleidet, aber am Schluss sehen wir sie in geschmacklosen, doch historischen Kostümen des zweiten Keiserreichs, wo jeder Kenner der guten Gesellschaft erkennt, dass sie grob wie Bohnenstroh sind. Die Kostüme reden aus. Ebenso die Szene. Und dann ist es einfach für die Schauspieler, zu spielen und zu singen, wenn dazu ehrliche Einstudierung der Rollen zukommt. Der Dirigent Jiří Petrdlík wie auch Dan Kalousek, mit der Vokaleinstudierung von Karel Škarka, lieferten wie immer die vorbildliche Professionalität ab.
           
Ich muss zugeben, dass ich nicht weiß, ob es Sinn hat, sich allen Gestalten ausführlich zu widmen. Einerseits sah ich nur ein Drittel der Protagonisten (die meisten Gestalten werden dreimal oder viermal alterniert - und das alles meistens durch die Stammmitglieder des Theaters) und vielleicht wäre es langweilig, über jedem dasselbe zu schreiben - also dass es eine ausgezeichnet abgelieferte Rolle war. Ich versuche also, es ein bisschen anders zu machen.
           
Madam Thénardier. Sie wurde von Bratislavaer Zuzana Maurery dargestellt. Sie gastierte in Brno, in Hair sowie in Den Hexen von Eastwick. Genauso tritt diese vollblütige Künstlerin in Prager Inszenierungen und in Bratislava aus. Ihre Frau Wirtin war so ein Weib, das Schrecken einflößte. Es war eine wunderschöne, reiche Schauspielkunst... (Alterniert von  Jana Musilová und Lenka Bartolšicová. Schon deswegen möchte ich dieses Musical dreimal sehen. Es muss interessant sein, drei unterschiedliche Auffassungen zu sehen, welche schon aus ihren physischen Dispositionen ausgehen.) Zuzana Maurery wir andere sein als die zwei anderen Alternativen. Wer weiß, wie sich der Regisseur Moša damit zu helfen wissen wird.
           
Thénardier von Tomáš Sagher. Mendl aus Dem Fielder auf dem Dach, Rugbi aus der Komödie Der Floh im Ohr, oder ein der Räuber im Mai. Er spielt immer die Rollen voll von Energie. Und diese konnte er auch im unmoralischen Mensch, in parasitischer Null demonstrieren, welche vom Frankreich auf der Jahrwende des 19. Jahrhunderts gespieen wurde.
           
Jean Valjean bei der zweiten Premiere wurde von dem zweiten gastierenden Schauspieler, Jan Ježek aus Prag und Pilsen, dargestellt, der in dieser Gestalt schon aus der Prager Produktionen Der Elenden bekannt ist. Er ist ein ausgezeichneter Künstler, doch kein Popstar, vor dem die Fans ohnmächtig würden. Es ist auch vom Vorteil. Ježek als der Solist der Staatsoper (Walter in Tannhäuser, Franz in Erzählungen von Hoffmann, Števa in Ihrer Ziehtochter, Pedrillo in Mozarts Entführung aus dem Serail, usw.) ist ein Sänger, der von Österreich, über Frankreich bis zu Norwegen gastiert und reiche Erfahrungen ohne Allüren der Stars hat. Neben dem für die Oper disponierten Ježek wird Jean Valjean auch von Petr Gazdík, dem langjährigen Solist und Kunstchef der Musicalsektion, Tony aus West Side Story dargestellt. Auch wenn er für den alten Valjean sicher maskiert sein muss, ihre schön modulierter Stimme und Musicalerfahrungen bestimmen ihn für solche Rolle voraus - mindestens hoffe ich. Es ist ein anderer Grund, weil cih die andere Alternierungen besuchen möchte.
           
Marius, der Prototyp des Romantismus, ist in Brno in vier Alternierungen vertreten. Ich sah Jakub Uličník. Er erinnerte mich an seine Rolle von Kristian in Margarete Lazar und er war ebenso romantisch mit weicher, angenehm modulierter Stimme.
           
Fantine, unglückliche Mutter von Cosette, ist eine ausgeprägte, dankbare Rolle. Emotionsvoll. Von dem Mädchen - Arbeiterin, das zögert, ob seinen Körper zu verkaufen, bis zu der sterbenden, unglücklichen Frau, welche sich um die Zukunft ihrer Tochter fürchtet. Und wider vierfache Alternierung. Ich sah Lenka Janíková. Es ist eine formbare Schauspielerin, die wir auch in der Rolle der empfindlichen Anna in Margarete Lazar, sowie in der Gestalt der Luciette in Viel Lärm in Chiozza oder der wahnsinnigen Ele in Charlys Tante sehen konnten. Empfindsamer Ausdruck, Victor Hugo würde sicher zufrieden sein. Und wer weiß, wie diese Gestalt von der anderen gastierenden Schauspielerin, Hana Fialová aus Ostrava, dargestellt wird. Soweit ich weiß, sie brach bei den Prüfungen den Knöchel - so wünsche ich baldige Besserung!
           
Cosette ist in der Musicalbearbeitung nicht so wichtige Gestalt wie im Roman. Desto schwieriger wird sie dargestellt. Weniger Ausdruck, größere Subtilität, zu stürmische Umgebung, dass sie sie zu bewältigen weiß. Und wieder drei Alternierungen, aus denen ich Marta Prokopová sah. Sie ist noch Studentin, wir würden sagen ein Theaterjunge, aber sie sammelt angestrengt die Erfahrungen. Der Schauspieler und Regisseur Stano Slovák vertraute ihr die Rolle des ersten Mädchens im Auf Glas gemalt an, ihre größte Rolle war dann Margarete Lazar. Wie Cosette wird auch dieses leidenden Mädchen ohne exaltiertes Verhalten sehr schwierig dargestellt. Ihre Lehrjahre absolvierte diese Hoffnung des Theaters schon erfolgreich. Ihre Cosette war wirklich die verkörperte Unschuld.
           
Eponine. Dankbare Rolle, Mädchen des Feuers, Kind der Straße, das unerfüllte Liebe vergeblich sucht. Und wieder drei Alternierungen. Nach den unterschiedlichen Rollen gemessen, die diese Schauspielerinnen hinter sich haben, würde ich mich wirklich schwierig entscheiden, welche von ihnen ich sehen will, wenn ich wählen könnte. Und so ist es gut, dass das Theater statt mir entschied. Sie wurde von Johana Gazdíková dargestellt. Sie verkörperte schon Charlotte in Oliver, Jane in Den Hexen von Eastwick, sondern auch Filomena in Margarete Lazar. Ein sehr buntes Repertoire. Und Eponine zu spielen, das kann für die Interpretin Glück sein. So viele Leidenschaft... So vieles Leid. Johana Gazdíková genoss sich ihre Rolle wirklich gut und aus ihrer Schauspielkunst war es zu fühlen.
           
Die außerordentlich talentierten Kinder (Gavroche von David Žák und kleine Cosette von Barbora Lebánková - auch diese Gestalten in drei, vier Alternierungen) - das war nur die Krönung der hochwertigen Besetzung des Musicals.
           
Mošas Regie von den Elenden weiß nicht mit etwas Wesentliches zu überraschen. Und ich meine es mit dem Zeichen Plus. Immer weislich ausgewählte Ausdrucksmittel, gute Leitung der Schauspieler sowie der Company. (Vielleicht ist es auch das Verdienst des Regieassistenten Stanislav Slovák). Einfallsreiche Illusionen und Änderungen der Mizanszenen, Nachdruck auf die Auslegung des Inhalts, der von der Forma nicht beschattet wird - und die Form ist dabei immer einfallsreich: sein Theater ist wirklich zu "sehen".
           
Also - besuchen sie die Elenden in Brno. Sie verdienen es. Soweit ich weiß, die Musikbühne des Stadttheaters Brno ist immer ein Monat voraus ausverkauft, es ist also gut ihre Webseite zu besuchen: www.mdb.cz
 
 
 

Romantisches Pathos ist immer noch wirksam

Jana Machalická 16. Februar 2009 zdroj Lidové noviny

Die Rückkehr der großartigen Musicalfreske Les Misérables nach siebzehn Jahren auf eine tschechische Bühne - konkret ins Stadttheater Brno - ist ein Beweis dessen, dass heute die Metropole dieses Genres Brno und nicht Prag ist. Die neue Inszenierung von Stanislav Moša zeigt, dass dieses Genre in seiner veredelten Form weiß, auf die Zuschauer emotionell zu wirken ohne die Grenzen guten Geschmacks zu überschreiten.
Les Misérables verknüpfen in sich alles, was aus einem Musical ein wirkliches Musical macht. Es sind hier der ausgezeichnet geschriebene Roman von Victor Hugo, die dramatisch bearbeite Geschichte voll vom romantischen Pathos, die manchmal einer Oper nahe stehende Musikkomposition mit Tragmotiven und Farbigkeit, sowie das Thema zu finden. In den verständlich aufgefassten und zugleich effektiv graduierten Bildern der Revolution respektiert die Dramatisierung auch den sozialkritischen Akzent des Autors. Les Misérables in der Brünner Einstudierung von Stanislav Moša haben einheitlichen Zug und Stil, ihre Dynamik besteht in dramatisch kontrastvollem Wechsel der Chorszenen mit den Kammerszenen. Die Regie verleiht jedem Auftritt eine Emotivität und dramatische Wirkung, welche aus durchdachten Details ausgebaut ist.
Wo es dem Musical gut geht
Ein Ausstattungsmusical verzichtet nur ungern auf die vollkommene Nachahmung der Realität und die Illusion wird gewöhnlich zur Grundlage der Inszenierungslösung. So ist es auch hier, auch wenn Moša mit dem Bühnenbildner Christoph Weyers nicht voll auf die Dichterabkürzung verzichteten. Es steht ihnen perfekte Technik zur Verfügung, sie folgen doch den Weg einfacher, überzeugender Wirkung, und so entstehen aus "Nichts" grelle Bilder auf der Bühne. Die Grundlage der bildnerischen Lösung ist eine gewisse Rohheit der Umgebung, die in unterschiedlichsten Varianten immer wieder zurückkehrt. Es sind rohe Holzbrette, düstere Wände - die poetische Atmosphäre ist auch durch angemessenes Helldunkel ausgebildet.
Les Misérables lassen keine Zweifel aufkommen, dass die Musikbühne des Stadttheaters Brno heute eine Stelle ist, wo das Musical auf dem professionellen Niveau gepflegt wird. Die Jahre der konzentrierten Arbeit brachten ihre Früchte. An Moša steht ein Ensemble zur Verfügung, für das eigentlich gar kein Problem ist, ein beliebiges Titel aufzuführen; die für dieses Genre geschulten Interpreten wissen, was der synthetische schauspielerische Ausdruck bedeutet. Nicht wie in Prag, wo der Zuschauer erstarren muss, welcher Pop-Sänger noch spielen wird oder welcher Schauspieler seinen primitiven Gesang vorführen wird.
Die Hauptrolle von Jean Valjean wird von Petr Gazdík in der Alternierung mit Jan Ježek dargestellt, welcher diese Rolle bei der ersten Aufführung bei uns, im Jahre 1992, ausgezeichnet sang. Gazdík hat viele Erfahrungen mit den romantischen Helden. Sein expressives schauspielerisches Pathos passt hierher ziemlich gut, er führt auch einen zuverlässigen Ausdrucksgesang vor und glänzt in den effektvollen Nummern wie z.B. Vaterunser.
           
Ausgezeichnet ist Igor Ondříček als sein mit innerer Glaubwürdigkeit dargestellter gefühlloser Gegner Javert, der auch mit seinem außergewöhnlichen, dunkel verfärben Stimmausdruck fesselt. Das Duett von diesen beiden ist meisterhaft durchgeführt, die mehrstimmigen Nummern allgemein sind ein Schmuck der Musikeinstudierung, wie auch die Chornummern.
           
Fantine (Markéta Sedláčková) und Cosette (Radka Coufalová) sind beide zerbrechlich lyrisch, überzeugend. In der Gegenlage glänzen dann die für Komödie dankbaren Eheleute Thénardier, die von Jana Musilová und Jan Mazák dargestellt werden - mit Übertreibung und lebendiger Farbigkeit akzentuieren sie die grobkörnigen Charaktere. Jiří Mach fesselte mit adäquater Stilisierung in einen flatternden romantischen Held, wie auch mit seiner festen, robusten Stimme.
           
Kein Theater kann ohne Dramaturgie gemacht sein, noch das musikalisch-dramatische Theater. Es geht doch nicht darum, ein Musical nur mit dem Ziel eines Gewinns und einer gewissen Zuschauerzahl aufzuführen, abgesehen von dem Titel, wie es heute im Musiktheater Karlín gemacht wird, was einst eine für dieses Genre so wichtige Szene war.
 

Les Misérables im Musiktheater sind ein großkalibriges Stück

Karla Hofmannová 15. Februar 2009 zdroj Brněnský týdeník

Und zwar für die Schauspieler wie auch für die Zuschauer. Der Roman von Victor Hugo ist kein lustiges Lesen und ihn in die Szene so zu setzen, dass er seine Spannung nicht verliert und im Sentiment nicht ertrinkt, das verlangt, Gefühl für Drama zu haben. Kein Wunder, dass der Manager, Sir Cameron Mackintosh, die Inszenierung dieses Werk mit festen Regeln band, die niemandem erlauben, sie zu verletzen. Trotzdem dem Stadttheater Brno wurde Freiheit gelassen.
           
Die Vorstellung ist lang, trotzdem wird sie von den Zuschauern mit nach und nach graduierter Spannung beobachtet. Die szenischen Abkürzungen schieben die Handlung vor, welche nur wegen emotionaler Aussage der Gestalten stehen bleibt. Der Regisseur legt auf die Bewegung und auf ihren bildnerischen Effekt Nachdruck, die Szenen auf den Barrikaden sind im Stil des Malers Delacroixe ausgebaut, die Volksszenen könnten zum Beispiel vom Daumier gemalt sein.
           
Was die Musik betrifft, handelt es sich um eine Oper. Der Strom der emotionalen Melodien, ausgelassenen Couplets, harten Lieder oder Sturmmärsche im Stil der Marseillaisa (sie wird nicht zitiert, der Zuschauer weiß doch über sie) ist mit Rezitativen durchgewebt, welche die Handlungslinie tragen. Die Gesangtechnik ist eine Bedingung, wie auch der naturalistisch grober Akzent in den Stimmen und unverzüglich danach die reinen Klaviere in gespannten Lagen!
           
Die Protagonisten wissen sich mit ihren Parten bewundernswert abzufinden. Petr Gazdík als Jean Valjean, Igor Ondříček als Javert, Dušan Vitázek als Marius, Jiří Mach als Enjolras, das ist kein Theater, das ist ein Konzert. Hana Holišová glänzt als Eponine, sehr ergreifend ist Radka Coufalová als Cosette. Ausgezeichnet abscheuerregend ist das Ehepaar Thénardier, wobei Jan Mazák hervorragt. Die Kinderrollen von Cosette (Kateřina Kolčavová) und Gavroche (Marek Hurák) sind ergreifend natürlich. Die anderen sind durch die Geschichte mitgerissen, die sie mit bewundernswerter emotionaler Energie erfüllen.
           
Das Orchester unter der Leitung von Dan Kalousek ist eine zuverlässige Stütze für die Sänger, die in den Korepetitionen so gedrillt sind, dass sie imstande sind, sich nicht einmal in der Aktion mit dem Rücken zum Publikum zu verlieren. Auch den dynamischen Kontrasten geht es gut, bei denen Klaviere zu hören sind und bei forte (dank den Tonmeistern) der Zuschauer nicht betäubt ist.
           
Umwerfend ist die Szene. Ihr Autor ist der deutsche Bühnenbildner Christoph Weyers. Mit schwerem dunklem Hintergrund kontrastieren die dreidimensionalen Kulissen, die sich mit unglaublicher Geschwindigkeit verändern. Das Lichtspiel erhebt die Krönung der Episoden.
           
Die Kostüme von Andera Kučerová haben historischen Reiz, die Choreographie von Vladimír Kloubek knüpft auf die natürliche Bewegung der Gestalten an und sie formt sie logisch nach. Der wahren, energischen und ergreifenden Vorstellung fehlt nicht einmal das Pathos des Paris in der Zeit der Revolution.
 
 

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